Hamburg. Unsichere Zukunft für die Bühne am Biedermannplatz: Im nächsten Frühjahr ist für Die Burg trotz 30.000 Besuchern womöglich Schluss.

„Abwickeln“ ist ein Verb mit einem meist negativen Beigeschmack. Von 2010 bis 2012 war Jennifer Rettenberger mit der Abwicklung der Kultur Bühne Bugenhagen beauftragt. Doch dank ihres Engagements entstand daraus im September 2012 etwas Neues: Die Burg – das Theater am Biedermannplatz. Im Frühjahr nun könnte das Aus der Spielstätte in Barmbek-Süd drohen. Der Betreiber, der evangelisch-lutherische Kirchenkreis Hamburg-Ost, will den markanten Rotklinkerbau bis Ende April 2016 aus wirtschaftlichen Gründen an die Stadt zurückgeben. Statt noch einmal einen Kulturbetrieb abzuwickeln, kämpft Intendantin Rettenberger jedoch um den Erhalt ihres Hauses – es hat längst über den Stadtteil hinaus Anziehungskraft erlangt.

Von anfangs 6000 Besuchern stieg die Zahl im Jahr 2013 auf 20.000, 2014 auf fast 25.000, und in diesem Jahr werden es bei 180 Veranstaltungen gut 30.000 Zuschauer sein. Im Laufe von drei Jahren baute Rettenberger ohne Subventionen ihr Programm mit Drama, Komödien, Improvisations-, Kinder- und Inklusionstheater im 250-Plätze-Saal aus. Und der Kirchensaal mit Empore (350 Plätze) wird von Hamburger Privattheatern wie dem Ernst Deutsch Theater, Altonaer Theater und dem Ohnsorg sowie der Komödie Winterhude als Probebühne genutzt. Für jene Häuser schuf die Burg bisher elf Bühnenbilder.

„Wir müssen spielen, spielen, spielen. Das Haus hat noch Kapazitäten“, sagt Jennifer Rettenberger fast trotzig. Seit 2005 wird die heutige Burg nicht mehr für kirchliche Zwecke genutzt, schon seit 1995 steht das seinerzeit für 20 Millionen D-Mark restaurierte Haus unter Denkmalschutz.

Die Hamburger Kulturbehörde und Ernst-Deutsch-Theater-Intendantin Isabella Vértes-Schütter (SPD) als Mitglied des Kulturausschusses der Bürgerschaft hatten Rettenbergers Arbeit in der Burg schon im Sommer vor dem Stadtteilrat im Bezirk Nord gelobt. Über die Zukunft der Burg entscheidet nun aber die Finanzbehörde mit dem Liegenschaftsamt. Dessen Favoritin für die weitere Nutzung ist offenbar die gemeinnützige Eastside Projekt GmbH, die von der Christlichen Volkshochschule Hamburg unterstützt wird. Ihr gehört pikanterweise auch ein Mitarbeiter des Liegenschaftsamtes an.

„Was mich stört: Wir sind übergangen worden“, sagt die Intendantin. Beim sogenannten Interessenbekundungsverfahren sei sie nicht gehört worden, um ihr Konzept vorzustellen. Nun jedoch könnte sich das Blatt wenden: Es habe sich ein Investor gefunden, so Rettenberger, der namentlich nicht genannt werden möchte, aber „sein Interesse am Kauf der Immobilie und am Weiterbetrieb des Theaters“ bekundet habe und bereits mit der Kulturbehörde in Kontakt sei.