Hamburg . Sänger Thees Uhlmann (Tomte) hat seinen ersten Roman geschrieben. Den kann man pathetisch finden, selbstironisch ist er aber auch.
Warum nicht gleich mal lospampen: Was soll dieses elende Bücherschreiben von Leuten, die eigentlich gar keine Bücher schreiben, es gibt doch schon viel zu viele?
Andererseits: Was spricht dagegen? Man muss ja gar nicht immer unterstellen, dass es nur ums Geldmachen geht. Nö, es geht auch um das Renommieren mit einem Buch. Ein erklecklicher Teil der Menschheit träumt davon, seinen Namen auf dem Deckel eines Buches zu lesen.
Thees Uhlmann ist genau dies jetzt vergönnt, der Musiker veröffentlicht dieser Tage seinen ersten Roman „Sophia, der Tod und ich“. Musiker, die Schriftsteller werden, das geht ja eigentlich auch nicht, denkt man sich beim Hineinlesen in diesen Roman (Hardcover!). Man denkt übrigens sofort, dass sein Verfasser selbst auf das Lesebändchen bestand. Frank Spilker und Jochen Distelmeyer haben ihre erzählerischen Debüts zuletzt krass in den Sand gesetzt. Und der eigenwillige Songtexter Uhlmann („Und ich weiß,/dass du geknechtet wirst heute Nacht,/du wirst sehen, du wirst stehen“) hat mit seinen Bands immerhin etliche dolle Gitarrennummern fabriziert.
Genau davon hat Uhlmann eigentlich immer gesungen
Es spricht eigentlich alles gegen dieses Buch, das wirklich, und das ist schon wieder großartig, exakt das Buch ist, das man von Thees Uhlmann erwartet hat: kitschig, pathetisch, albern, gefühlsüberladen. Aber auch selbstironisch, warmherzig, komisch.
Es ist die XXL-Version eines Uhlmann-Songs. Diese Songs, man muss das so sagen, entfalten ihre Wirkung immer nach ein oder zwei Bier am besten. Man wird offen für die grundsätzlichen Dinge, wenn man nicht mehr nüchtern ist, die großen Gesten. Man möchte nicht nur die Welt, sondern auch die nächste Frau umarmen.
Genau davon hat Uhlmann eigentlich immer gesungen; außerdem von seiner Mutter, vom Fußball und immer wieder vom Sterben. Und er hat auf seinen Konzerten viel erzählt, skurrile Sachen, melancholische Sachen. Der Kumpel-Thees aus Hemmoor, Niedersachsen, Freund des kleinen Mannes, Feind der falschen Gefühle.
Ach, man liest es dann doch so weg
In „Sophia, der Tod und ich“ kalauert sich Uhlmann gewohnt ungeniert durch das, was er zu sagen hat, er spart nicht mit Kalenderweisheiten und Billig-Bonmots – das muss man mögen. Oder halt dem Schreiber seine Spleens lassen. Allerdings fragt man sich, warum die Lektorin Uhlmanns Altersheim-Umschreibung „die Resterampe des Lebens“ durchgehen ließ. Vielleicht, weil jeglicher Eingriff in das skurril-überdrehte Uhlmann-Universum eine nicht zu stoppende Kettenreaktion hervorriefe?
Man muss ihn so lesen, wie er ist, und das ist in einer Welt voller Zynismus doch auch ein Gegengift. In „Sophia, der Tod und ich“ klingelt beim Ich-Erzähler kein anderer als der Tod, in Menschengestalt, versteht sich; böse ist der nicht, eher den Sinnenfreuden sehr zugetan. Er will den Erzähler, einen so liebenwerten wie sabbeligen Altenpfleger, gerne abholen. Aus Drei-Minuten-Lebensrestzeit werden dann schnell mehr, Sophia, die Ex, kommt noch dazu – und ab geht die wilde Handlung mit übersinnlichen Erscheinungen, sentimentalen Heimsuchungen und vielen, vielen Dialogen.
Eigentlich ist der Roman ein einziger Dialog, in denen es, ganz grob gesprochen, um die Absurdität des Lebens geht, das mit dem Sterben enden muss. Und es geht um die Weisheiten („Sekt ist das, was man trinkt, wenn das Bier alle ist“), die man vom Wegesrand aufliest im Verlaufe eines Lebens. Ach, man liest es dann doch so weg.
Lesung Thees Uhlmann, 10.10., 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Brahms-Platz. Tickets 10,-