Hamburg. Die Reeperbahn hat ein neues Haus: Corny Littmanns Schmidtchen zog die Prominenz nach St. Pauli. Zum Auftakt gab's schrille Duette.

Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr, dichtete Wilhelm Busch. Besorgt wirkte der frischgebackene Vater Corny Littmann allerdings nicht, im Gegenteil. Sein Theater-Imperium auf St. Pauli hat Zuwachs bekommen. Ein „gutes Näschen und glückliches Händchen“ hätten Littmann und sein Kompagnon Norbert Aust schon mit dem „Schmidt Theater“ und Schmidt's Tivoli“ gehabt, sagte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank in ihrer Ansprache, und nun kommt noch ein „Schmidtchen“ hinzu.

Vor der Noch-Baustelle, die einmal das Klubhaus St. Pauli werden soll, drängten sich rund 200 geladene Gäste um Drinks und Häppchen. Aus der Menge ragte Olivia Jones wie ein kalifornischer Mammutbaum, gekommen waren auch FC-St. Pauli-Präsident Oke Göttlich, TV-Sprecher Wilhelm Wieben, Karl Dall, Travestiekünstlerin Elke Winter, die Intendanten von St. Pauli-Theater, Imperial-Theater und Ohnsorg-Theater und die Quartiersmanager Julia Staron und Lars Schütze sowie politische Prominenz unter anderem in Gestalt von Christa Goetsch und Farid Müller (Grüne), Bezirksamtschef Andy Grote und Schwuso-Chef Arne Platzbecker.

Im Schmidtchen können sich Künstler ihr Publikum erspielen

Was genau wird denn das „Schmidtchen“ können, das die großen Schwestertheater nicht können? Die Spielpläne von Schmidt und Tivoli seien so eng, dass man neue und junge Künstler höchstens einen Tag dazwischen schieben könne, sagt Corny Littmann. „Aber ein Tag allein, das bringt ihnen nicht viel. Mit dem 'Schmidtchen' haben wir jetzt die Möglichkeit, sie über vier Tage und auch übers Wochenende zu präsentieren, wenn besonders viele Besucher auf dem Kiez sind. Sie können sich hier ihr Publikum erspielen.“

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Viele Kollegen, die seit Jahren im „Schmidt“ (420 Plätze) oder „Schmidt's Tivoli“ (630) spielten, hätten außerdem Lust, sich mit einer kleineren Produktion im Schmidtchen (80 bis 200 Plätze) zu versuchen. Insofern habe die neue Bühne „viele Geburtshelfer, denn an Neuerungen und Kreativität mangelt es bei uns im Hause nicht“, meinte Littman stolz.

Karl Dall spielt solo: Der alte Mann will noch mehr!

Die ersten, die das „Schmidtchen“ im Juni und Juli okkupieren, sind allerdings keine ganz grünen Newcomer: Der niederländische Entertainer, Kabarettist und Sänger Sven Ratzke zum Beispiel, der kommende Woche mit seinem Programm „Diva Diva’s“ den Anfang macht, hat zu Hause in Amsterdam, in New York und sogar in Australien schon große Säle gefüllt und in Hamburg erst drei Mal gastiert. Auch Karl Dall mit seinem Soloprogramm „Der alte Mann will noch mehr!“ im Juli ist ein alter Hase.

Schräg, Schrill, Schmidt-Theater

Henning Mehrtens, neuer Chef des Schmidtchens (die 3. Bühne von Littmann und Aust nach Schmidt und Schmidts Tivoli) Foto: Tivoli
Henning Mehrtens, neuer Chef des Schmidtchens (die 3. Bühne von Littmann und Aust nach Schmidt und Schmidts Tivoli) Foto: Tivoli © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Der Saal des Schmidts Tivoli auf der Reeperbahn Foto: Tivoli
Der Saal des Schmidts Tivoli auf der Reeperbahn Foto: Tivoli © Ingo Boelter
Corny Littmann feiert 20 Jahre Schmidt -Theater auf der Reeperbahn Foto: Tivoli
Corny Littmann feiert 20 Jahre Schmidt -Theater auf der Reeperbahn Foto: Tivoli © Juergen Joost | Juergen Joost
Stefan Rüh als Alex und Nadine Schreier als Marie Königin dem Stück
Stefan Rüh als Alex und Nadine Schreier als Marie Königin dem Stück "Die Königs vom Kiez", eine Musicalkomödie von Martin Lingnau, Heiko Wohlgemuth und Mirko Bott Foto: Tivoli © Oliver Fantitsch | Oliver Fantitsch
„Der kleine Störtebeker“ ist eine musikalische Kaperfahrt von Martin Lingnau & Heiko Wohlgemuth Foto: Tivoli
„Der kleine Störtebeker“ ist eine musikalische Kaperfahrt von Martin Lingnau & Heiko Wohlgemuth Foto: Tivoli © Oliver Fantitsch | Oliver Fantitsch
Prof. Norbert Aust und Corny Littmann (v.l.),vor der Eröffnung des Schmidtchen Theater auf der Reeperbahn in Hamburg. Foto: Tivoli
Prof. Norbert Aust und Corny Littmann (v.l.),vor der Eröffnung des Schmidtchen Theater auf der Reeperbahn in Hamburg. Foto: Tivoli © Oliver Fantitsch | Oliver Fantitsch
Corny Littmann ist bereits 20 Jahre mit dem Schmidt -Theater auf der Reeperbahn
Corny Littmann ist bereits 20 Jahre mit dem Schmidt -Theater auf der Reeperbahn © Juergen Joost | Juergen Joost
Die TV-Moderatorin Lilo Wanders (l-r), der Hausherr des Schmidt Theaters auf der Hamburger Reeperbahn, Corny Littmann, und die Künstlerin Marlene Jaschke auf der Feier zu 20 Jahre Schmidt-Theater
Die TV-Moderatorin Lilo Wanders (l-r), der Hausherr des Schmidt Theaters auf der Hamburger Reeperbahn, Corny Littmann, und die Künstlerin Marlene Jaschke auf der Feier zu 20 Jahre Schmidt-Theater © picture-alliance/ dpa | dpa Picture-Alliance / Bodo Marks
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Dazwischen aber geben Neuentdeckungen wie Stefan Danziger und komische Feingeister wie Sebastian Nitsch ihre Programme zum Besten. Das „Schmidtchen“ hat alle Chancen, zur kleinen, feinen Kleinkunstbühne zu werden.

Davon konnten sich die Gäste am Abend gleich selbst überzeugen. Der rund 350 Quadratmeter große Theatersaal – ganz in Rot mit einer raffinierten Deckenbeleuchtung, die an Kerzen erinnert – ist multifunktional konzipiert und kann auch als Location für Partys, Events und Galas gemietet werden. Der bewährte „Schmidt“-Saalchef Henning Mehrtens (Von ihm stammt der schöne Satz „Da kommt was Kleines auf dich zu“), mit seinen 1,99 Metern unübersehbar, wird allabendlicher Gastgeber im „Schmidtchen“ sein und betreute mit einer Mischung aus Haus- und Zeremonienmeister auch das Potpourri des Eröffnungsabends

Jörg Knör brachte das Publikum zum Rasen

Da floss vor Lachen reichlich Makeup über die Gesichter. Karl Dall sang mit Assistentin Christa Goetsch „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“, Comedian Jörg Knör brachte das Publikum als Stimmenimitator von Inge Meysel, Helmut Schmidt und Udo Lindenberg zum Rasen; er wird im „Schmidtchen“ die Reihe „Knör am Sonntag“ bestreiten.

Carolin Fortenbacher und Nik Breidenbach (bekannt aus der Schmidt-Produktion „Oh Alpenglühn!“) präsentierten erste Songs aus dem neuen Stück „Entführung aus dem Paradies“, das am 9. Juli 2015 im „Schmidtchen“ uraufgeführt wird, darunter eine großartige Tina-Turner-Proud-Mary-Parodie. Mit Sven Ratzke erwartet das Publikum eine Art neue Georgette Dee, bloß eher wie David Bowie mit Zwerchfelltraining. Vor der Party in der Bar „Alte Liebe“ hinterm „Schmidtchen gab's zur Stärkung noch Königsberger Klopse. Der Zusammenhang Schmidtchen-Königsberg hat sich mir nicht erschlossen – schmeckte aber gut.