Hamburg. In seiner Aufnahme nutzt der Kirchenmusikdirektor die Möglichkeiten der 2010 renovierten Orgelanlage in St. Michaelis genüsslich aus.

„Baddldiiii – Didldi­dldim-Bam“, trällert Christoph Schoener, während seine Finger den markanten Rhythmus auf den Tisch klopfen. „Was für ein Anfang! Spätere Orgelwerke von Bach haben ja oft so etwas Staatstragendes. Aber das ist bei der berühmten d-moll-Toccata überhaupt nicht der Fall. Da regiert die pure Lust am Spiel!“

Von der hat sich Schoener spürbar anstecken lassen. In seiner Aufnahme nutzt der Kirchenmusikdirektor die Möglichkeiten der 2010 renovierten Orgelanlage in St. Michaelis genüsslich aus: Vom Zentralspieltisch kann er dort, ohne den Platz zu wechseln, verschiedene Instrumente ansteuern und erklingen lassen. So verstärkt er die Echoeffekte der Toccata, indem er munter zwischen der großen Orgel und der Konzertorgel hin und her switcht. Das ist, historisch gesehen, natürlich nicht ganz originalgetreu, weil Schoener die technischen Neuerungen des 21. Jahrhunderts einsetzt. Aber diese Freiheit gönnt er sich ganz bewusst. „Warum soll man ein verrücktes Stück nicht auch ein bisschen verrückt spielen? Wenn ich das „korrekt“ machen will, muss ich auf historischen Orgeln in Groningen oder Freiberg spielen und vorher noch mit Bach telefonieren. Das habe ich übrigens auch gemacht – bis auf das Telefonat mit Bach...“.

Kleiner Scherz.

Christoph Schoener lebt mittlerweile in gesunder ironische Distanz zu den strengen Regeln der „Historischen Aufführungspraxis“. Das heißt aber nicht, dass er Bachs Orgelwerke jetzt bloß spontan aus dem Bauch heraus interpretieren würde. Im Gegenteil. „Es gib bei Bach keinen Ton, der nicht genau durchdacht und reflektiert sein muss“, meint Schoener. „ Seine Musik erfordert eine seriöse, jahrzehntelange Auseinandersetzung. Es darf nur nachher nicht intellektuell gemacht klingen. Auf die richtige Balance aus Ehrfurcht und Vergnügen kommt es an.“

Die trifft der Organist auf seiner neuen CD – und offenbart dem Hörer damit die ganz unterschiedlichen Charaktere der Stücke. In der Toccata in F badet er mit Bach in den mächtigen Klangfluten; in der früheren E-Dur-Toccata tastet er den fein ziselierten Linien an der historischen Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel nach.

Als Ergänzung der fünf Toccaten enthält das Programm noch zwei Choralbearbeitungen von Bach. Darunter „Erbarm Dich mein, o Herre Gott“, dessen fast schon romantischen Tonfall Schoener mit dem mystischen Klang des Fernwerks bestärkt. Als würde der Komponist seinen Segen für die CD sanft von der Kuppel des Michel herunter rieseln lassen.

Christoph Schöner spielt Orgeltoccaten von Johann Sebastian Bach (Dabringhaus und Grimm)