Hamburg. Elmar Lampson verteidigt im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt die Studenten seiner Hochschule und stellt Forderungen.

Heute mittag wird die Behörde für Wissenschaft aller Wahrscheinlichkeit nach grünes Licht dafür geben, dass die Hochschule für Musik und Theater ab 1. Juli zwei seit 1995 vom Deutschen Schauspielhaus genutzte Proberäume auf dem Gelände Gaußstraße 190 mieten und für ihre Zwecke umbauen kann. Damit hätten die Studierenden der Theaterakademie eine Proben- und Spielstätte, wenigstens auf Zeit. Wie gestern berichtet, hatten sie ihre durch die Sanierung des Forums zusätzlich prekär gewordenen Arbeitsbedingungen publik gemacht. Hochschulpräsident Elmar Lampson beschreibt im Gespräch seine Sicht.

Hamburger Abendblatt: Wie konnte es zu den unhaltbaren Zuständen hinsichtlich der Raumsituation an der Theaterakademie kommen?

Elmar Lampson: Wir bemühen uns jetzt schon seit neun Jahren intensiv um einen eigenen Bau für die Theaterakademie. Er hat sich bisher nicht realisiert. Sehr verkürzt dargestellt: Als die Theaterakademie gegründet wurde, hat man A gesagt – Ausbildungsstrukturen geschaffen, die auch sehr gut sind. Aber B hat man nicht gesagt. Eine räumliche Ausstattung unter einem Dach war mit der Theaterakademie nicht verbunden.

War das der Kardinalfehler?

Lampson: Ja. meine Forderung bis heute: Gebt uns einen Betrag von ungefähr fünf Millionen Euro, damit wir auf dem Gelände der Gaußstraße ein entsprechendes Gebäude hinstellen können, sodass durch Mietzahlungen unser Etat nicht mehr belastet wird. Warum man das im Zuge der großen Investitionen nicht machen will, habe ich nie begriffen. Wir haben Gespräche geführt und gemacht und getan.

Wann haben sich die Studenten mit ihren Sorgen an Sie gewandt?

Lampson: Vor ziemlich genau einem Jahr hatten wir dieselben Krisensitzungen schon einmal, weil der Umzug anstand und wir nicht wussten, wo wir die Probe- und Aufführungsräume für die Theaterakademie hernehmen sollten. Im letzten Moment bekamen wir die Räume in der Hebebrandstraße zugewiesen. Es war immer klar, dass das ein Provisorium sein würde. Wir haben parallel dazu intensiv mit der Gaußstraße verhandelt, auch mit anderen Standorten. Mehr war da nicht zu machen. Die Studenten sind absolut im Recht. Die haben hier ein sehr anspruchsvolles Studium und finden inhaltlich auch sehr gute Voraussetzungen. Aber die räumlichen Bedingungen sind unhaltbar schlecht.

Sind Sie in den Proberäumen in der Hebebrandstraße gewesen, um sich persönlich ein Bild von den desolaten Zuständen dort zu machen?

Lampson: Na klar, oft. Aber wissen Sie, wenn man denkt, das ist ein Provisorium für die nächste Phase, dann geht immer alles. Die Studenten haben sich da noch nicht beschwert, weil sie immer konstruktiv gesehen haben, okay, das ist jetzt noch für eine kleine Zeit, und dann kommt etwas Neues. Als sie das Gefühl bekamen, jetzt geht wieder nichts weiter, haben sie aufgeschrien. Das verstehe ich vollkommen.

Vonseiten der Studierenden ist zu hören, sie hätten sich abgestellt gefühlt. Wie begegnen Sie diesem Vorwurf?

Lampson: Dem würde ich schon widersprechen, weil wir uns täglich um diese Situation bemüht haben. Wir haben getan, was wir konnten. Aber aus Sicht der Studenten finde ich nichts Falsches an dem, was sie schreiben.

Wieso gab es ein halbes Jahr lang keinerlei Raumpflege, keinen Hausmeisterdienst in der Hebebrandstraße? Warum mussten die Studieren ihr Toilettenpapier selbst mitbringen?

Lampson: In dieser drastischen Art ist mir das nicht zu Ohren gekommen. Dass wir uns das anders vorgestellt hatten, wusste ich auch. Bloß wir hatten nichts anderes. Der Umzug in die Hebebrandstraße war ja schon für Sommer 2014 geplant; zehn Tage vorher wurde uns gesagt, April, April, das wird doch nichts. Wir haben es dann irgendwie hinbekommen, dass die Theaterakademie in dieses Provisorium ziehen konnte, ehe das Gelände für uns fertiggestellt war, damit die überhaupt wo sind. Sonst hätten die gar nichts gehabt. Wir hatten auch kein Ass im Ärmel.

Die Studierenden sagen, alternative Raumoptionen, etwa die Fliegenden Bauten, seien seitens der Hochschulleitung ungeprüft geblieben.

Lampson: Frau Dhein, die Dekanatsleiterin, hat unzählige Räume – die für uns ja auch immer bezahlbar sein müssen – angeguckt. Die Situation in der Hebebrandstraße war ja als Provisorium für einige Monate gedacht. Parallel dazu liefen dauernd Gespräche zwischen Kulturbehörde, Wissenschaftsbehörde, Schauspielhaus und uns, um in der Gaußstraße voranzukommen.

Warum lief das so zäh?

Lampson: Die Räume müssen als Spielstätte genehmigt werden, und um das zu erreichen, müssen da Umbauten vorgenommen werden, für die wir Geld brauchen. Und im letzten halben Jahr waren unsere Kräfte durch den Umzug extrem gebunden. Aus meiner Sicht ist das Problem der Tatsache geschuldet, dass wir nicht die Ressourcen haben, der Theaterakademie einen vernünftigen Standort zu geben.

Eine Konsequenz daraus wäre, die Theaterakademie einfach zuzumachen …

Lampson: Dazu wird es nicht kommen. Ich hatte nie einen Anlass, an dem politischen Willen zu zweifeln, dass dieser Teil der Hochschule gewollt ist. Innerhalb der Hochschule gibt es solche Gedankenspiele überhaupt nicht. Ich kämpfe gemeinsam mit Sabina Dhein für diese Studiengänge. Das sind Flaggschiffe der Hochschule. Für mich ist das Thema nur eines von mehreren, die ebenso brisant sind. Ich fühle mich in Bezug auf die Zukunft der Hochschule von der Stadt allein gelassen. Wir sind in der schwierigsten Situation unserer Geschichte. Viele der ungelösten Pro­bleme fangen damit an, dass wir aufgrund der Hochschulvereinbarungen keine finanzielle Perspektive haben, wenn nicht nachverhandelt werden kann. Ich brauche eine Zusage über den Erhalt des Status quo für die nächsten zehn Jahre und eine vernünftige Raumsituation. Dazu gehört die Theaterakademie an vorderster Linie.