Hamburg. Als Abschlussarbeit zeigt der dritte Schauspiel-Jahrgang der Theaterakademie „Das Tierreich“. Das Stück handelt vom Erwachsenwerden.

In der Garage des Thalia in der Gaußstraße lümmeln, fläzen, hocken, musizieren acht flippig angezogene junge Erwachsene auf einer Wand aus Getränkekisten, in Spinden und später auf Stühlen. Es sind Sommerferien. Sechs Wochen schulischer Ungebundenheit und Freiheit von miefig kleinstädtischen Konventionen liegen vor ihnen. Zeit, so richtig einen draufzumachen, den Drang, das in unbestimmte Richtungen divergierende Gefühls- und Gedankenchaos irgendwie einzufangen, sei es in unausgegorener sprunghafter Tiefsinnsgrübelei, in Mann-Frau-Paarungen oder mit der Erkundung erotisch gleichgeschlechtlicher Beziehung. „Das Tierreich“ nennt das Dramatiker-Duo Nolte Declar sein szenisches Gedankenpuzzle, das der Jugend auf der Schwelle von Pubertät zum Erwachsensein verständnisvoll, grotesk, fantasievoll und witzig zu einem komplexen Ganzen verhilft.

Dieses Stück nun hat sich der dritte Jahrgang Schauspiel der Theaterakademie als Abschlussarbeit in der Regie von Christina Rast gewählt. Eine glückliche Wahl, wie es auf den ersten Blick erscheint. Nicht nur, weil das einfache Bühnenbild von Ute Radler jegliche inszenatorischen und schauspielerischen Freiheiten ermöglicht, sondern weil die Schauspielstudenten – Marius Bistritzky, Cedric von Borries, Gesa Geue, Paul Grote, Milena Straubem, Tamara Theisen, Hannah Walther, Philipp Zemmrich – noch nicht weit von dem Alter der Schüler des Hindenburg-Gymnasiums in dem fiktiven Kaff Bad Mersdorf entfernt sind, die sie verkörpern. Somit sind sie noch vertraut mit den Nöten der Adoleszenz.

„Es ist keine leichte Zeit“ heißt es wiederholte Male. Diese auf Befindlichkeiten zielende Feststellung lässt sich allerdings auch auf die Wahl des Stücks und wahrscheinlich die Arbeit an ihm anwenden. Denn was so passgenau für Schauspielstudenten mittlerer Jahrgänge geschrieben zu sein scheint, hat enorme Tücken: Es sind die rasanten, mit sparsamen, auch witzigen Kostümversatzstücken vorangetriebenen Szenen- und Personenwechsel, die blitzschnellen An- und Umverwandlungen mit teils sprachlich pointierten Dialogen, die die sehr begabten, aber noch nicht fertigen Studierenden doch bisweilen überfordern.

Bei aller sichtbaren Lust, möglichst viel von ihrem Können zu zeigen, das Banale, wie das Existenzielle in allen Facetten auszuloten, drängt es sie mitunter zu Überzeichnungen, die verkrampft, hektisch und aufgesetzt wirken. Wenn sie allerdings Zeit und Ruhe haben, ihre Figuren zu entwickeln, bei aller Kürze eigenständiges Profil und Persönlichkeit zu zeigen, dann erfährt man, wie viel dramatisches, komödiantisches, musikalisches und bewegungstechnisch präzises Potenzial in ihnen steckt.

„Das Tierreich“, Garage im Thalia in der
Gaußstraße, Vorstellungen 16. und 30.3. und 30.4., Beginn jeweils 20 Uhr