Hamburg. Öffentlicher Aufschrei der Theaterakademie: Die Grenze der Zumutbarkeit sei erreicht. Hochschulleitung stellt neue Räume in Aussicht.

Lange genug haben sie geschwiegen und sich mit Behelfslösungen sehr hart am Rand des Zumutbaren abzufinden versucht. Aber jetzt ist den Studierenden der Musiktheater-Studiengänge an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg (HfMT) der Kragen geplatzt. Unter der alarmierenden Überschrift „Theaterakademie vor dem Aus?“ haben sie sich gestern mit einem Brief an die Öffentlichkeit gewandt. „Wir sehen unsere Projekte und kommenden Abschlüsse durch die immer prekärere Raumsituation der Theaterakademie bedroht“, schreiben sie. Die Leitung der Hochschule – deren Präsident Elmar Lampson sowie die Dekanin des Studiengangs II an der HfMT, Sabina Dhein – bemühten sich zwar um eine Besserung der Situation, konzedieren die Studierenden. „Doch die Hochschule lässt die Bedingungen, unter denen wir arbeiten müssen, ja auch zu“, sagt eine Musiktheaterregie-Studentin, die ungenannt bleiben will. „Wir sehen uns nun gezwungen, unsere nicht länger haltbaren Zustände öffentlich zu machen“, steht in dem Brief.

„Studiendekanat II“ und „Theaterakademie“ sind zwei Wörter für dieselbe Sache: Jenen Zweig an der HfMT, an dem die Ausbildung in den Bereichen Schauspiel- und Musiktheaterregie, Schauspiel und Gesang bis zum Bachelor-Studienabschluss sowie die Mas-terstudiengänge Gesang, Oper, Liedgestaltung und Dramaturgie angesiedelt sind. Die Lage der Theaterakademie ist räumlich schon seit einiger Zeit angespannt. Seit Jahren steht die Idee eines Neubaus auf dem Gelände der Gaußstraße 190 im Raum, wo auch das Thalia in der Gaußstraße residiert. Stattdessen bezogen die Theaterakademisten provisorische Räume auf dem Gelände. Seit das Forum, der große Veranstaltungssaal an der Milchstraße, sanierungsbedingt geschlossen ist, also seit September 2014, mussten die Studenten die Proben für Aufführungen und ihre Diplom-Inszenierungen in die Hebebrandstraße verlegen und sich für die Aufführungen selbst andere Orte suchen. In der Hebebrandstraße, die erst vor wenigen Tagen als Interimsdomizil der HfMT eröffnet wurde, herrschten indes monatelang offenbar katastrophale bauliche und hygienische Zustände. In einem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, sind einige davon auch fotografisch dokumentiert.

„Baumaßnahmen haben Vorrang vor Probenaktivität“, habe es geheißen. „Da wir keine Möglichkeit hatten, andernorts zu proben, mussten wir dies in Kauf nehmen“, schreiben die Studenten. Sie monieren Baulärm, die für Sängerstimmen besonders heikle Staubbelastung, fehlenden Putzdienst und eine dramatische räumliche Enge, die das Proben von 35 Personen in Räumlichkeiten von Klassenzimmergröße erzwangen. Außerdem sei tagelang das Wasser abgestellt gewesen. Für sieben sogenannte Probebühnen in Gebäude D, auf denen sich zeitweilig bis zu 50 Menschen pro Raum aufhielten, „waren nur zwei funktionierende Toilettenschüsseln vorhanden“. Und auch die Sicherheit war gefährdet: „Offene Kabel und Steckdosen im ganzen Haus.“

Eine Lösung für die akute Raumnot scheint jetzt zeitnah möglich

„Zurzeit ist die Akademie räumlich noch getrennt. Die Schauspieler und die Sänger befinden sich in der Hochschule an der Alster, die Regiestudenten in der Gaußstraße 190. Geplant ist ein auch räumliches Zusammenführen für das Jahr 2014, dann wird die Akademie ein eigenes Gebäude beziehen.“ So stand es noch gestern auf der Homepage der Hochschule für Musik und Theater. Dabei ist das eigene Gebäude für die Akademie so fern wie eh und je.

Hochschulpräsident Elmar Lamp­son, der in seiner Begrüßungsrede in der Hebebrandstraße vergangene Woche erneut auf die unhaltbaren Zustände der Theaterakademie hingewiesen hatte und der dem Ärger der Studierenden eigenen Worten zufolge „alles Verständnis“ entgegenbringt, teilte Montag am frühen Abend über seine Sprecherin Gabriele Bastians mit, eine Lösung für die akute Raumnot der beiden Regie-Studiengänge und den Dramaturgie-Studiengang sei nun in greifbare Nähe gerückt: „Vorbehaltlich einer abschließenden Zustimmung der Behörde für Wissenschaft und Forschung, wird die Hochschule für Musik und Theater Hamburg noch diese Woche mit Wirkung vom 1. Juli 2015 zwei bislang vom Deutschen Schauspielhaus genutzte Probebühnen in der Gaußstraße für mindesten zwei Jahre anmieten und eine dieser Bühnen als Spielstätte herrichten.“

Die Vertragsunterzeichnung hängt nach Abendblatt-Informationen nur noch davon ab, ob die in der neuen Koalition von Katharina Fegebank (Grüne) geführte Behörde der HfMT erlaubt, für die Nutzbarmachung der beiden genannten Räume in der Gaußstraße Geld aus „Hochschulpaktmitteln und Bauerhaltungsmitteln“ einzusetzen. „Das Geld haben wir. Wir müssen nur sicher sein, dass wir es dafür auch ausgeben dürfen.“ Die Abschlussinszenierung des Opernbereichs 2015 im Sommer soll in der ehemaligen Theaterfabrik im Wiesendamm gezeigt werden, künftige Produktionen fänden dann auch in der Gaußstraße statt.