London/Hamburg. Kaum ein Musiker war so oft totgesagt wie er. Dass Eric Clapton Krisen und Süchte überlebt hat, ist fast ein Wunder. Ein herzlicher Glückwunsch.

Er war Gott und gibt sich heute ganz irdisch. Denn Blues- und Rock-Superstar Eric Clapton hat fast ein ganzes Gitarristen-Leben lang mit dem Tod gespielt. Kokain, Heroin, fast alle gängigen Drogen hat er ausprobiert. Gestorben wäre er beinahe am Alkohol, der schlimmsten Abhängigkeit, die Eric Clapton widerfahren ist. So schildert er es in seiner Autobiografie. Nach jahrelanger Abhängigkeit, nach chronischem Dauer-Suff sinkt er in einem Hotelzimmer nieder, heult sich die Augen aus, betet – und lässt sich endlich in einer Entzugsklinik behandeln. Heute ist er zwar fast taub und kann schlecht sehen, hat schwere Rückenbeschwerden. Aber Eric Clapton ist weg vom Alkohol und lebt. An diesem Montag ist er 70 Jahre alt geworden.

Dabei hat der Mann, der unter der Bürde litt, dass schon in den Sechzigern Fans an eine viel fotografierte Wand „Clapton is God“ sprühten, immer mit schweren Schicksalsschlägen zu kämpfen gehabt. Eigentlich das „typische“ Leben eines Bluesers, eines Mannes, den die „blue devils“, die teuflischen Albträume heimsuchen. Auch er stand wie der legendäre Urvater der Bluesgitarre, Robert Johnson, am Scheideweg, an den Crossroads. Eric Clapton hat persönlich wie musikalisch nichts ausgelassen. Neben der Drogen-Karriere spielten das Neugründen und Auflösen von Bands eine große Rolle, Freundschaften wie die zu Beatle George Harrison, dem er die Gattin Pattie Boyd ausspannte, und natürlich tragische Todesfälle.

Eric Clapton war gut befreundet mit Duane Allmann („Allman Brothers“), der starb, als beide gemeinsam so richtig loslegten (1971). Dasselbe geschah, als Stevie Ray Vaughn 1990 nach einem Konzert mit Clapton mit dem Hubschrauber abstürzte. Claptons Sohn Conor lief 1991 in einem Apartment in New York durch eine scheinbar offene Tür – es war ein bodentiefes Fenster, das jemand aufgelassen hatte. Conor starb nach einem Sturz aus dem 53. Stock. George Harrison erlag einem Krebsleiden. Sein Freund Billy Preston starb, der geniale Keyboarder, der sowohl für die Beatles als auch für die Rolling Stones gespielt hatte. Zuletzt starb J.J. Cale, den Clapton bewunderte und mit dem er geniale Musik einspielte, live wie im Studio.

Und immer wieder richtete Clapton sich auf. Man könnte zynisch sagen, der Tod steht ihm gut. Denn wie im Falle seines Sohnes („Tears in heaven“) hat Clapton immer wieder Trost in der Musik gesucht und gefunden. Schon „Layla“ war eine Verarbeitung der Zuneigung zu Pattie Boyd, „Cocaine“ (komponiert von J.J. Cale) ein Eingeständnis der Sucht.

Egal, wer sein Album mit einer prägnanten Gitarre veredeln möchte, Eric Clapton ist die erste Wahl. Quasi seit den Beatles, die ihn unter anderem für „While my guitar gently weeps“ engagierten. Auch John Lennon holte ihn in seine Plastic Ono Band. Cream und Blind Faith waren seine Supergruppen.

Clapton ist deshalb so vielseitig, weil er praktisch mit allen gespielt hat. Seine Technik ist beeindruckend sauber, mal knarzt er bluesig, mal spielt er quasi-konzertant. Er dehnt die Saiten, sein glasiges Tremolo und die flüssigen Soli haben aus der Fender Stratocaster und seinen Sonderanfertigungen Kultinstrumente gemacht. Für wohltätige Zwecke hat er mehrfach Gitarren versteigert (auch für die Entzugsklinik auf Antigua in der Karibik), Konzerte veranstaltet, Musiker zusammengebracht.

Clapton, das sehen Konzertbesucher immer wieder mit Erstaunen, ist absolut multitasking-fähig. Fans haben ihm eine tollte Seite im Internet gewidmet: "Where's Eric" Er spielt selbst komplizierte Ton- und Akkordfolgen in einem Guss mit seinem Gesang, führt die Band, ist hochkonzentriert. Insgesamt hat er rund 130 Millionen Alben verkauft, schuf und interpretierte neben den bereits erwähnten Hits wie „White room“, Sunshine of your love“, „Lay Down Sally“, „Wonderful Tonight“ und schrieb diverse Filmmusiken. Der „Rolling Stone“ platzierte ihn im Jahr 2003 auf Platz zwei der 100 größten Gitarristen aller Zeiten hinter Jimi Hendrix und vor Led-Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page. „Seine Finger sind direkt mit seiner Seele verbunden“, sagte Brian May von „Queen“.

In der Rock ‘n’ Roll Hall of Fame ist er gleich dreifach: zweimal als Bandmusiker und einmal als Solokünstler. Clapton bekam 20 Grammys. Sein „Unplugged“-Album revolutionierte die Rockmusik. „Layla“ als Akustikversion setzte Standards.

Und trotz körperlicher Schwächen geht Eric Clapton rund um seinen Geburtstag wieder auf Tour, nun ja, er spielt in seinen Wohnzimmern, der Londoner Royal Albert Hall und im Madison Square Garden in New York. Dort finden die beiden Geburtstagsshows am 1. und am 2. Mai statt. Kurz darauf gibt es sieben Konzerte in London. Am 11. Mai soll in Deutschland „Forever Man“ auf den Markt kommen, alte und neue Songs gemischt. Happy birthday, Eric.

Das war Eric Claptons letzter Auftritt in Hamburg