20 Jahre nach ihrem ersten Album feiert die Hamburger Rockband Selig gemeinsam mit 3000 Fans eine zwei Stunden lange Geburtstagsparty. Wünsche blieben keine offen bei einem starken Best-of-Programm.

Hamburg. „Love. Peace. Wenn Du die Welt nicht verändern kannst, veränder Dich selbst. Peace. Love. Wenn Du Dich selbst nicht verändern kannst, veränder die Welt“, ist so eine Textzeile von Selig, die nicht nur von Hippie-Genen zeugt, sondern auch etwas über die Bandgeschichte erzählt. 20 Jahre vor dem Konzert am Sonntag im Stadtpark waren erfolgreiche deutschsprachige Rockbands rar gesät. Es gab die Toten Hosen, die frisch wieder vereinigten Ärzte, aber sonst? Die Hamburger Schule – Tocotronic, Die Sterne – steckte noch im Kindergarten, Rammstein spielte im Logo, den Rest besorgten die Maffays und Westernhagens.

Dann erschien 1994 das erste Album „Selig“, und bis heute begeistert mitgesungene Klassiker waren geboren. Die Welt war ein wenig verändert. Im Kleinen. Aber wir hatten großen Spaß dabei. „Sie hat geschrien“, „Wenn ich wollte“, das sind die Lieder, die wichtig sind im Stadtpark, die 3000 Fans beim Heimspiel erwarten und bekommen. Sie wollen die alte Zeit zurück, und Sänger Jan Plewka und seine Jungs geben gern, machen von Beginn an „Schau, Schau“ mit „5000 Meilen“ und jammen, was das Zeug hält. Das Wetter ist herbstlich feucht, aber Selig ist immer noch mitten im zweiten Frühling.

„Ist es wichtig?“, singt Plewka. Das ist es durchaus. Die Stimmung ist gut vor und auf der Bühne, kein Vergleich zu den späten 90ern, als sich Selig nach drei Alben auflöste. „Wir waren dabei, uns zu verbiegen und vom Menschen zum Produkt zu werden", erzählte uns Basser Leo Schmidthals mal in der Rückschau eines Mannes, der sich mit seinen Freunden wieder zusammen gerauft hat. Freunde, die nicht mehr Produkt sein wollen, die Familien haben, die Musik machen, um Musik zu machen. Um sich zu herzen und Selbsties am Bühnenrand aufzunehmen. Um irgendwo im Sound zwischen Doors, Scherben und Hendrix einfach nur zu rocken.

Man hört es im Stadtpark, bei den neueren Liedern des aktuellen Albums „Magma“ (2013) wie „Alles auf einmal“, aber natürlich auch bei den unverwüstlichen Frühwerken wie „Die Besten“ oder „Das Mädchen auf dem Dach“, das erste Lied, das Selig geschrieben haben, in einer Nacht über den Dächern der Seilerstraße. Auch unter freiem Himmel singt man es gern mit. Nichts wird ausgelassen, „Bruderlos“, „Regenbogenleicht“, „Lass mich rein“, „High“ oder „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ lassen bis zur 22-Uhr-Lärmschutzgrenze keine Wünsche offen im zwei Stunden langen Best-of-Programm.

Und „Ohne Dich“, klar. Das singt das Publikum im Alleingang. Wie schön das sein kann. Es bleibt, was kommt: Im Herbst soll ein entsprechendes Best-of-Album erscheinen. „Wir werden uns wiedersehen“ – es wäre ja auch sehr oh ohne Selig.