Mit „Enemy“ ist dem kanadischen Regisseur Denis Villeneuve ein unverfroren spannender Psychothriller mit Horrorelementen gelungen. Jake Gyllenhaal wandert darin in einer Doppelrolle durch Toronto.

Solch einen radikalen Schlusspunkt hat man auf der Leinwand selten gesehen. Ein Schockmoment, der hier nicht verraten werden soll. All die Fragen und Rätsel des Filmes löst er nicht wirklich auf. Aber genau das ist es, was „Enemy“ des kanadischen Regisseurs Denis Villeneuve zu einem außergewöhnlichen Filmexperiment erhebt.

Jake Gyllenhaal wandert darin in einer Doppelrolle durch Toronto als eine kühl in verblichen gelb-braunen Farben gestaltete dystopische Metropole, über die sich einmal in einer Einstellung eine staksende Monsterspinne erhebt. Ein Verweis darauf, dass wir es hier mit mehreren Wirklichkeiten zu tun haben. Gyllenhaal spielt Adam Bell, den etwas zerzausten, Wams tragenden Geschichtsprofessor, der mit seiner Freundin Mary (Mélanie Laurent) eine recht leidenschaftslose Beziehung pflegt. Durch Zufall stößt er auf einen Film, in dem ein Nebendarsteller wie sein Ebenbild aussieht. Er spürt den Schauspieler, bürgerlich Anthony Claire, auf, der erste Telefonkontakt führt zu dessen schwangerer Freundin Helen (Sarah Gadon). Die wiederum verdächtigt Claire einer Affäre und forscht dem Anrufer hinterher, um festzustellen, dass er ihrem Ehemann bis auf Haar und Stimme gleicht.

Diese Tatsache setzt bei allen Beteiligten erst Emotionen und dann die Synapsen in Gang. Adam trifft sich in einer Atmosphäre wachsender Paranoia mit dem kalkulierenden Star und Sexclub-Besucher Anthony. Der wiederum beginnt, Adams Leben zu erforschen und verfällt, als er dessen attraktiver Freundin ansichtig wird, auf eine verhängnisvolle Idee.

Regisseur Villeneuve hat sich bereits mit „Die Frau, die singt“ und für identitätsphilosophische Stoffe empfohlen. „Enemy“ ist nur lose inspiriert von dem 2002 erschienenen Roman „Der Doppelgänger“ des portugiesischen Schriftstellers José Saramago.

Der eigentliche Thriller spielt sich im Kopf des Zuschauers ab, der mit den Figuren versucht, die Identitätsebenen zu sortieren. Er begegnet zwei Versionen einer Figur, von denen die eine von Sexualität besessen, zu wahrer Intimität nicht in der Lage ist. Erst ein radikaler, narzisstisch geprägter Akt könnte die Erlösung bringen. Die vielen albtraumhaften Sub- und Metaebenen von dieses exzellent gespielten Filmexperiments schmälern die Spannung keineswegs. Spinnenphobiker sollten ihn allerdings meiden.

++++- „Enemy“ Kanada/Spanien 2013, 90 Min., ab 12 J., R: Denis Villeneuve, D: Jake Gyllenhaal, Mélanie Laurent, Isabella Rossellini, täglich im Cinemaxx Dammtor, Studio, Zeise; www.enemy-film.de