Bryan Singer dreht in seiner actionreichen Comicverfilmung „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ am Rad der Zeit. Dabei hält er mit superheldenhafter Energie die Balance zwischen Drama und Action.
Wir befinden uns am Anfang in einer finsteren Zukunft. Alles ist Nacht. Die Menschheit herrscht mithilfe von Maschinenwesen. Die Mutanten sind versklavt. Ein paar Freischärler gibt es noch. Sie werden von Sentinels gejagt: Flugrobotern, die auf die jeweiligen Superheldengegner perfekt reagieren können. Die Freischärler kennen wir aus den ersten X-Men-Filmen. Jetzt sind ihre Superhelden, Professor X (Patrick Stewart) und Magneto (Ian McKellen), in ihre letzte Fluchtburg verdrängt. Was bleibt, ist nur die Zeitschleife. Sie müssen die Vergangenheit verändern, die Macht der Sentinels brechen, indem sie ihre Geburt verhindern.
Einer aus der inzwischen leicht versprengten Legion von Superhelden muss also auf die Reise rückwärts gehen. Am besten einer, der sowieso nicht altert: Wolverine (Hugh Jackman). Die psychoportierfähige Kitty Pryde (Ellen Page) befördert sein älteres Selbst in seinen jüngeren Körper. Als er aufwacht, befinden wir uns im Jahr 1973, Wolverine liegt im Arm einer Mafioso-Braut. Eine Lavalampe blubbert, das Radio spielt „The First Time I Ever Saw Your Face“ und Wolverine zerstört mit seinen Krallen das Wasserbett.
Das ist schon sehr lustig. Es gibt noch mehr solcher herrlicher Scherze. Das Schöne an diesem Pre-Sequel allerdings ist, dass Bryan Singer – der nach mehr als zehn Jahren wieder die Regie in jenem Figuren-Universum übernommen hat, mit dem er das Superheldengenre auf ganz neue Bahnen gelenkt hat – sein Unternehmen nicht dem billigen Zeitwitz opfert. Singer hält mit superheldenhafter Energie die Balance zwischen Drama und Action.
Es wird ausnehmend viel geredet, wenn nicht gerade die Welt in Schutt und Asche gelegt wird. Dass man sich als Zeitreisender im Kino mit der überflüssigen 3-D-Brille auf der Nase trotzdem zwischen den Zeiten verirrt, liegt in der Natur der Geschichte. Kann aber nur passieren, wenn man mal wegnickt, was wiederum eher selten passieren dürfte. Weil Singer einen geradezu perfekten Rhythmus in den Film gebracht hat. Der geniale und zukunftsweisende Trick besteht darin, dass Wolverines Zeitschleife die alte X-Men-Welt, die mit Patrick Stewart und Ian McKellen, die uns ja verwirrenderweise in der Zeit voraus ist, mit der neuen X-Men-Welt verknotet, der von „X-Men: First Class“, in der James McAvoy und Michael Fassbender jene Jungspunde spielten, aus denen dann später (oder früher, es ist kompliziert) Stewarts Professor X und McKellens Magneto werden. Die X-Men-Zentrifuge läuft.
++++- „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ USA 2014, 130 Min., ab 12 J., R: Bryan Singer, D: Hugh Jackman, Jennifer Lawrence, täglich in den Cinemaxx und UCI-Kinos (auch 3-D), im Savoy (OF), Studio-Kino; www.xmen-zukunftistvergangenheit.de