Die junge Hamburger Musikerin tritt heute Abend im Vorprogramm des Sängers auf und ergänzt ihre Ausbildung im Popkurs. Momentan läuft bei Miu ziemlich viel ziemlich gut.

Hamburg. Wenn Miu richtig abergläubisch wäre, dann könnte sie jetzt behaupten, dass alles, was ihr in diesem noch recht jungen Jahr gelingt, an Udos Handschlag liegt. Das tut sie zwar nicht. Aber die kleine Episode, die die junge Hamburger Musikerin erzählt, ist ein hübscher Appell, sich auch mal treiben zu lassen. Und dabei offen zu sein für die leichten und leicht skurrilen Champagner-Momente des Lebens.

In der vergangenen Silvesternacht hatte Miu Graf, die sich als Künstlerin kurz Miu nennt, einen Auftritt im Renaissance Hotel Hamburg. „Danach wollte ich eigentlich sofort ins Bett. Aber über einen Bekannten bin ich auf einer Party im Hotel Atlantic gelandet. Und da stand ich dann um Mitternacht auf der Kuppel und habe das Feuerwerk über der Alster angesehen“, erzählt die 27-Jährige und schaut sehr glücklich aus ihren blauen Augen, die ein perfekt gezogener Lidstrich noch stärker strahlen lässt. In den Morgenstunden des neuen Jahres, als ein harter Kern noch zusammen feierte, sei dann Hotelbewohner und Panikrocker Udo Lindenberg durch die Drehtür gekommen. „Jemand stellt mich ihm vor, er gibt mir die Hand und sagt ‚Frohes Neues, Miu!‘“, erinnert sie sich und fügt hinzu: „Was soll da dieses Jahr noch schiefgehen?“

Momentan jedenfalls, da läuft bei Miu ziemlich viel ziemlich gut. Und durchaus überraschend. Das liegt gewiss auch daran, dass Miu sich über eine beiläufige Situationen wie die mit Udo so wunderbar amüsieren kann. Dass sie sinnlich, natürlich und witzig ist. Sowohl auf der Bühne mit ihrer Band, mit der sie eingängige, bittersüße Songs zwischen Soul, Swing und Jazz spielt. Als auch alleine, wenn sie plaudernd auf ihrem Sofa in Eidelstedt hockt, einen großen Fotodruck des nächtlichen New York im Rücken, einen Setzkasten mit ihrer Nagellacksammlung zur Linken und ihr schwarzes Schimmel-Piano, das ihre Eltern ihr als Kind schenkten, im Blick. Auf einem Bord über dem Klavier ruht ein Bildband über Marilyn Monroe. Aber auch ohne diesen Hinweis ist die Ikone als Vorbild für Miu unübersehbar. Die blonden Locken, der rot geschminkte Mund, die angenehm unverblümte Art. Das ähnelt durchaus dem Charme des 50er-Jahre-Stars.

Eine positive Ausstrahlung kann Miu am heutigen Montag bestens gebrauchen. Nicht nur, dass für sie am Vormittag der renommierte Hamburger Popkurs an der Hochschule für Musik und Theater beginnt. An einer Institution also, wo bereits Künstler wie Wir sind Helden, Revolverheld, Boy, Peter Fox und Cäthe ihre musikalischen Fähigkeiten schulten. Am Abend wird Miu zudem bei Hamburg Sounds, der Konzertreihe von NDR 90,3, in der Fabrik auftreten. Im Vorprogramm von Heino.

„Ich muss am ersten Tag vom Popkurs direkt um 15 Uhr gehen, weil ich dann Soundcheck habe. Da mach’ ich mich bestimmt super beliebt“, sagt Miu, rollt mit den Augen und lacht. Dass sie zusammen mit dem Schlagerbarden auftreten würde, der seine neuesten Coversongs zum Besten geben wird, hat Miu erst erfahren, nachdem sie für den Auftritt bei Hamburg Sounds gebucht worden war.

„Das wird bestimmt ein lustiger Abend. Ich habe schon zig Aufträge von Freunden, denen ich Heino-Autogramme besorgen soll.“ Mit ihrer vierköpfigen Band, drei Bläsern und zwei Backgroundsängerinnen wird Miu ein Set von einer Stunde spielen. Live-Erfahrungen hat die Crew im vergangenen Jahr bei zahlreichen Konzerten gesammelt, unter anderem bei der Jazz-Baltica. Im strömenden Regen mit nassen Füßen. „Aber das Publikum ist stehen geblieben und total abgegangen“, erinnert sich Miu und nippt an ihrem Kaffee, während ihre Katzen Fergy und Jiggy um sie herumstreichen. In der (trockenen) Fabrik spielt sie gewiss auch ihre neue Single „Mirror“, zu der das Video im Bahrenfelder Gastwerk-Hotel und in der Nachtasyl-Bar über dem Thalia Theater entstanden ist. Eine melancholische Nummer, in der Mius Stimme abgründig schillern darf.

Mit diesem gefühlvollen Gesang konnte Miu auch die erfahrene Dozenten-Jury des Popkurses am Bewerbungstag überzeugen, darunter Komponist und Produzent Anselm Kluge, Gitarrist Peter Weihe und Sängerin Jane Comerford. Dass sie für die beiden Ausbildungsblöcke im Frühjahr und im Sommer ausgewählt wurde, sieht Miu als große Chance. „Der Popkurs ist eine Mischung aus Kunst und Business, von Vertrags- und Urheberrecht bis zu Komposition und Performance. Also genau der Mix, den ein Musiker braucht, um langfristig etwas zu werden“, sagt Miu und ergänzt: „Ich kann mir bestimmt eine ganze Menge abgucken von Leuten, die in der Musikbranche zehn Stufen über einem stehen.“

Bis zum vergangenen Jahr hatte sie komplett autodidaktisch gearbeitet, nahm dann aber einige Stunden bei Gesangslehrerin Karin Ploog. Und die empfahl ihr den Popkurs. Miu erhofft sich von den Wochen am Harvestehuder Weg, dass sie ihren Gesang, ihr Songwriting und ihr Zusammenspiel mit anderen verfeinern lernt. Dass sie sich ausprobieren und „musikalisch reifen“ kann. Allerdings, so sagt sie, möchte sie das Coachingprogramm nicht mit einer zu vorgefertigten Vision beginnen, was sie exakt realisieren will. Das würde dem coolen Segen durch Udos Handschlag auch nicht gerecht werden.

Hamburg Sounds mit Miu + Heino Mo 10.3., Einlass: 19, Beginn: 20 Uhr, Fabrik (S Altona), Barnerstr.36, Eintritt (Ak.): 23,-; www.miu-music.de