Münsteraner Jubiläums-„Tatort“ erreicht Top-Quote. 12,11 Millionen Zuschauer verfolgten „Das Wunder von Wolbeck“ in der ARD.
Münster. 12,11 Millionen Zuschauer haben am Sonntagabend die Münsteraner „Tatort“-Folge „Das Wunder von Wolbeck“ in der ARD verfolgt. Das entspreche einem Marktanteil von 31,7 Prozent, teilte der Sender am Montag mit. Für den „Tatort“ aus Münster sei es das beste Ergebnis seit seiner ersten Ausstrahlung vor zehn Jahren. Zuvor schalteten um 17 Uhr 10,62 Millionen Zuschauer (40,9 Prozent) das Formel-1-Rennen aus Brasilien auf RTL ein, bei dem sich Sebastian Vettel seinen 3. Weltmeister-Titel in Folge sicherte.
Auch bei den jungen Zuschauern kam die Folge laut Media Control gut an. 4,13 Millionen zwischen 14 und 49 Jahren hätten eingeschaltet. Die zuvor beste Quote hatten die Ermittler aus Münster – Axel Prahl als Hauptkommissar Frank Thiel und Jan Josef Liefers als Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne – am 1. Mai 2011 erreicht: 11,86 Millionen Zuschauer und 33,0 Prozent Marktanteil.
Spitzenreiter aller Tatort„-Folgen, gemessen an den Zuschauerzahlen, bleibt die Episode “Rot rot tot„ aus Stuttgart mit Curd Jürgens aus dem Jahr 1978, der so viele Zuschauer wie kein anderer “Tatort„ zuvor oder danach hatte: 26,57 Millionen am Neujahrstag. Allerdings gab es zu dieser Zeit nur zwei Programme zur Auswahl und diese Quote galt nur für den Westen Deutschlands.
In der Folge vom Sonntagabend feierten Prahl und Liefers ein Jubiläum: Seit zehn Jahren ermitteln sie gemeinsam in der Krimireihe und bescheren der ARD regelmäßig Traumquoten. Im Jubiläumskrimi mussten sie den Tod eines Heilpraktikers aufklären, der sich auf Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch spezialisiert hatte. Freunde der beiden Ermittler kamen bei dieser Folge besonders auf ihre Kosten. Thiels Vater (Claus Clausnitzer) und seine Assistentin Nadeshda (Friederike Kempter) blieben diesmal im Hintergrund.
Experte: Münster-„Tatort“ ist ein Exot
Der „Tatort” aus Münster gilt in der Szene als Exot. Schaurige Moorleichen und hinkende Zuhälter treiben die „Tatort“-Kommissare im beschaulichen Münster um. Der Krimi nehme mit seiner drastischen Komik eine Sonderstellung innerhalb der WDR-Reihe ein, sagte der Germanist und „Tatort“-Kenner Andreas Blödorn von der Uni Münster. „Es ist eigentlich kein klassischer Krimi, sondern hat vielmehr Züge einer schwarzen Komödie.“
Während die „Tatort“-Kommissare anderorts soziale Missstände aufdecken, finden Großstadtprobleme, die etwa mit sozialen Brennpunkten verknüpft sind, in Münster nicht statt oder werden überzeichnet dargestellt. „Krimithemen werden so präsentiert, dass man sich als Zuschauer entspannt zurücklehnen kann und nicht – wie in anderen Tatorten – mit mehr oder weniger erhobenem moralischen Zeigefinger aktuelle Konflikte der Gegenwart präsentiert bekommt.“ Gerade hierfür aber stehe die „Tatort“-Reihe eigentlich bundesweit.
Im „Tatort“ aus Münster würden gesellschaftliche Probleme dagegen meist als privat-familiäre Missstände dargestellt – wenn es etwa um mehrfachen Inzest gehe, berichtete Blödorn: „Der Vater hat erst ein Verhältnis mit seiner Tochter, und mit der Enkelin fängt er später wieder ein Verhältnis an.“ Die ohnehin absurden Handlungsstränge würden von einer anderen Ebene überlagert – „der der schwarzen Komödie, die das Ganze übertreibt und grotesk verzerrt“.
Die Ermittler hätten es entgegen der malerischen Idylle ihrer Stadt häufig mit „Übertreibungen der verschärften Art“ zu tun – wie dem mehrfachen Inzest. Dafür biete sich Münster gerade an, weil es so hübsch sei und auch so präsentiert werde, sagte Blödorn. „Sie haben eine schöne Fassade, um dann dahinter zu schauen und in „Abgründe“ zu blicken.“ So bröckele im Film etwa bildlich eine Wand – oder ein Untergrund werde plötzlich unsicher. „Nicht umsonst werden hier Leichen zum Beispiel bei Bauarbeiten in der Stadt ausgegraben.“
Wenn im allerersten „Tatort“ eine Moorleiche entdeckt und aus dem Sumpf auf die Stadtansicht Münsters überblendet werde, symbolisiere das geradezu einen „Sumpf des Verbrechens“. „Das Ganze ist ein Spiel, das von Beginn an deutlich macht: Ich möchte humorvoll, mit Augenzwinkern gelesen werden“, sagte der Germanist aus Münster.
Besonders absurd kämen die Leichen in den „Tatorten“ aus der westfälischen Provinz daher. Sie würden ausgegraben, seien verkohlt oder mumifiziert, erklärte Blödorn. „So wie die Leichen entstellt sind, so skurril, übertrieben und ins Groteske verzerrt präsentiert der „Tatort“ eben auch die Realität in diesen Filmen.“