Daniel Craig meldet sich als brillanter 007 in dem James-Bond-Thriller “Skyfall“ zurück - ohne Nuklearraketen und raffinierte Spielzeuge.
Es gibt keine U-Boote mit Nuklearraketen, keine Ganzkörpervergoldung und auch keine Klappmesser in Schuhsohlen. Dennoch und gerade deswegen ist "Skyfall" ein klassischer, hochtouriger Bond-Film, der im Hier und Jetzt loslegt und sich immer wieder Verweise auf die eigene Tradition erlaubt. Daniel Craig nimmt in seiner Paraderolle vieles noch persönlicher als ohnehin, weil es ans Eingemachte geht. Seine Aufgabe, wie immer: einen Superschurken stoppen, dabei keine Mails checken und mal eben wieder die Welt retten. Es geht viel zu Bruch, aber immer mit Geschmack und Stil. Bond Nummer 23, die rasant gefilmte Glückwunschkarte zum 50. Kinojubiläum, ist nicht weniger als einer der besten Bonds überhaupt, eine Hommage an die britischen Wurzeln des Doppelnull-Agenten. Das Comeback eines zwiespältigen, gebrochenen Helden, der nie weg war und dem keiner seiner Imitatoren das Wasser reichen kann. Wer immer noch kein Fan von James Bond und von Daniel Craig ist, müsste durch diesen Film dazu werden. Die gute Nachricht dazu: Er hat bereits für zwei weitere Bond-Filme unterschrieben.
Wie gut ist Daniel Craig, der aktuelle Bond, als Jubiläums-007?
Er ist bloody brilliant . Je weniger am Stück er sagt, desto besser ist er. Und dieser Bond sagt sehr oft sehr wenig. Warum auch. Craig ist sehnig, brutal, düster, cool wie Sau und in entscheidenden Momenten mit einem Spritzer feinsten britischen Humors gesegnet. Schön im klassischen, freundlichen Sinne ist Craig in dieser Rolle nicht. Aber connerynah toll. Und das haben noch nicht viele Bonds nach Sean Connery geschafft.
Welches ist das raffinierteste Bond-Spielzeug in "Skyfall"?
Allzu viele hat er nicht. Agentenarbeit ist Handarbeit, voller Körpereinsatz ist immer noch das beste Mittel gegen herumballernde Gegner. Ein klassisches Bond-Accessoire soll nicht verraten werden, um den Spaß nicht zu verderben, ein anderes ist seine modernisierte Walther PPK. Bonds teure Uhr ist diesmal nur eine teure Uhr. Dafür ist der erste Anzug, in dem er sich nach vier Jahren Kino-Abstinenz zurück zum Dienst meldet, praktisch eine Rüstung.
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Der schönste Oneliner, bei dem man spontan grinsen muss?
Der eine funktioniert nur in der unsynchronisierten Fassung, ohnehin die einzig wahre, um den Charme einer "received pronunciation" mit Londoner Tonfall zu genießen: "I like you better without your Baretta." Der andere, ebenfalls von Bond und von erstaunlicher erotischer Vieldeutigkeit geprägt: "Wer sagt, dass das das erste Mal für mich wäre?" Und der dritte: "Mommy was very bad." Dramaturgisch am wertvollsten ist allerdings wohl dieser Kurzsatz: "Think on your sins".
Ganz wichtig: Wie sind die Bond-Girls in diesem Jahr?
Sie machen sich rar. Früher war ganz eindeutig mehr Pussy Galore. Es gibt in diesem Bond nur zwei Kandidatinnen unter 50, keine ist blond. Man muss Prioritäten setzen. Das eine begegnet ihm, wo auch sonst, in einem Casino und später unter vier Augen. Es geht den Weg vieler Bond-Girls. Das andere tut ihm sehr weh und wird dafür streng bestraft. Andererseits ist diese Art der Bestrafung auf lange Sicht so ziemlich das Beste, was der Dame in dieser Nebenrolle passieren kann. Klingt mysteriös? Soll es auch, sonst wäre eine Jubiläums-Pointe für Bond-Fans verdorben.
Was taugt Javier Bardem als blondierter Schurke?
Raoul Silva, Cyberterrorist mit einem Hang zu sonderbar gemusterten 70er-Jahre-Hemden, ist ein echtes Herzchen. Der spanische Akzent, die fiese Frisur, der schwierige Charakter - hier stimmt einfach alles, um ihn von Herzen nicht zu mögen. Ein würdiger Gegner, der zwischendurch immer für einen guten Spruch gut ist. Und im Verlauf des Film steigert er sich mächtig, was das dekorative Demolieren von Kulissen angeht.
Ist "Skyfall" nach dem enttäuschenden Vorgänger "Ein Quantum Trost" wieder ein Bond für die Ewigkeit?
Eindeutig ja. Regisseur Sam Mendes ("American Beauty") hat verstanden und virtuos bebildert, worauf es ankommt: tolles Timing und volle Wucht. Menschen, Wummen, Sensationen. Sollte "Skyfall" ein kommerzieller Erfolg werden, würde Mendes nichts gegen einen zweiten Dreh-Auftrag haben, ließ er schon jetzt wissen. Bei anderen Regisseuren wäre das eine schlimme Drohung. Bei Mendes ein Grund zur Vorfreude. Die Marke Bond ist mit diesem Comeback bestens aufgestellt.
Bewertung: empfehlenswert
"Skyfall" UK/USA 2012, 143 Min., ab 12 J., R: Sam Mendes, D: D. Craig, täglich im Blankeneser, Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Hansa-Studio, Passage, Streit's (OF), Studio-Kino, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek, www.skyfallfilm.de