Sie hat in Frankreich schon tausende Fans: die weibliche Harry Potter. Zwei Bibliothekarinnen erzählen ihre Geschichte.

Straßburg. Drei Jahre lang haben Anne Plichota und Cendrine Wolf in Ostfrankreich Buchhandlungen abgeklappert, um ihre Geschichte von der 13-Jährigen Oksa Pollock, einer Art weiblichem Harry Potter, unter die Leute zu bringen. Und die beiden Frauen, von Hauptberuf Bibliothekarinnen, erzielten durchaus einen Achtungserfolg – von den selbstverlegten drei ersten Bänden verkauften sie in Eigenregie immerhin 14.000 Exemplare. Doch nun steht der große Durchbruch bevor: Der Pariser Bestseller-Verlag XO erwarb die Rechte, am 15. März kommt der erste Band mit dem Titel „L’Inespérée“ („Die Unerhoffte“) in Frankreich in den Buchhandel.

Zu verdanken haben die 40 und 41 Jahre alten Autorinnen dies ihren jugendlichen Lesern, deren Zahl seit dem Erscheinen des ersten Bandes im Februar 2007 kontinuierlich anstieg. Es entstanden Internet-Foren und Fanclubs mit mehreren Tausend Mitgliedern in ganz Frankreich. In zahlreichen Blogs begeistern sich die Leser über die mysteriösen Abenteuer der mit übernatürlichen Kräften ausgestatteten kleinen Oksa Pollock, die mit ihren Eltern von Paris nach London gezogen ist.

Und als die Fans im Oktober erfuhren, dass Plichota und Wolf aus Kostengründen nicht an einer Messe für Jugendbücher bei Paris teilnehmen konnten, war die Empörung groß. Der 14-jährige Achille, Sprecher eines Fanclubs, machte seinem Ärger in einem Brief an Verlage und Zeitschriften Luft. Die „Welt der Bücher ist wirklich hässlich“, empörte sich der Jugendliche. Die Verlage machten jede Menge Werbung für schlechte Bücher. Aber niemand interessiere sich für eine Serie, von der „Pollockmaniaks“ in ganz Frankreich begeistert seien. Er habe 600 Kilometer aus Orléans zu einer Buchmesse nach Straßburg anreisen müssen, um dort die ersten drei Bände zu kaufen.

Der Hilferuf, dem sich zahlreiche Pollock-Fans anschlossen, stieß beim Nachrichtenmagazin „Nouvel Observateur“ auf offene Ohren. Die Zeitschrift stellte den Protestbrief in ihre Literatur-Internetseite und veröffentlichte einen Artikel über die merkwürdige, praktisch nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda entstandene „Pollockmania“.

Für den Pariser Verlag XO Grund genug, ein gutes Geschäft zu wittern. Er bot den Autorinnen im November einen Vertrag an. „Dies haben die Leser durchgesetzt“, bekennt Verlagsdirektor Bernard Fixot, der schon heute von einem „enormen Erfolg dieser Serie“ überzeugt ist.

Für den ersten, 480 Seiten dicken Band ist zunächst eine Auflage von 50.000 Exemplaren geplant. Das Umschlagbild, eine Jugendliche mit einer brennenden Flamme in der Hand, stammt von einer Bäckerin und Hobby-Illustratorin aus Saint-Etienne im Zentralmassiv. Der zweite von insgesamt sechs geplanten Bänden soll im Mai folgen, die englische Übersetzung ist bereits in Arbeit. Die „Pollockmania“ soll damit bald auch auf andere Länder übergreifen.