Woody Allen erzählt im neuem Film „Whatever Works – Liebe sich wer kann“ von Beziehungen und Quantenmechanik - mit bitterbösem Humor.

Frankfurt a.M.. Der Protagonist in Woody Allens neuem Film „Whatever Works – Liebe sich wer kann“ ist eine egozentrische Figur, ein Misanthrop, der nächtens von Panikattacken heimgesucht wird. Boris Yellnikoff (Larry David) breitet mit einem Wortschwall sein ganzes unglückliches Leben vor dem Zuschauer aus. Seine „gute Partie“, mit der er glücklich verheiratet war, hat ihn längst verlassen.

Auch der Nobelpreis für Physik ist haarscharf an dem hoch geschätzten Quantenmechaniker vorübergegangen. Geblieben ist ein verkanntes Genie, das sich als Schachlehrer für offenkundig Unbegabte durchschlägt. Besserung ist nicht in Sicht, denn schon Boris' Vater wurde ein Opfer seiner Depressionen.

Doch eine Rückblende relativiert mit einer einzigen Bemerkung die Ernsthaftigkeit des Lebensmüden: „Ich sterbe, aber nicht gleich.“ Immer wieder zieht sich der Protagonist geschickt aus der Schlinge - schließlich ist „Whatever Works“ eine schwarze Komödie und im Einsatz der Mittel nicht gerade zimperlich.

Aber es dauert nicht lange, und der Film schlittert in eine Liebesgeschichte hinein: Dem alten Schwerenöter wird die junge Ausreißerin Melody (Evan Rachel Wood) aus Mississippi vor die Haustür gesetzt. Melody nistet sich ein, verliebt sich in den alten Knacker, verordnet ihm Filme von Fred Astaire gegen die Depression und wird ihm eine passable Ehefrau.

Dann erscheinen Melodys Eltern auf der Bildfläche, die Verhältnisse werden komplizierter und das Tempo steigert sich zur Screwball Comedy. Alles in allem ist „Whatever Works“ meilenweit entfernt von den letzten Liebesgeschichten des Regisseurs („Vicky Cristina Barcelona“), die ebenfalls konfliktreich, doch um vieles charmanter daherkamen.

Mit „Whatever Works“ hat Allen ein über 30 Jahre altes, ziemlich angestaubtes Projekt hervorgekramt, das er damals für den großen Broadway-Star Zero Mostel („Anatevka“) geschrieben hatte. Mit Mostels glücklichem Temperament hat der Film freilich nicht viel gemein. Auch wird die Lebensphilosophie, mit der sich der Hauptdarsteller am liebsten direkt ans Publikum wendet, nicht jeden erfreuen: „This is not the feel-good movie of the year.“ Das sitzt.

Wie also fühlt man sich als Zuschauer? Überrannt, an die Wand gedrückt von dieser Quasselstrippe von Hauptdarsteller, bis diese endlich von der Schwiegermutter Marietta (Patricia Clarkson) abgelöst wird. Die macht in Manhattan im Handumdrehen einen Persönlichkeitswandel durch, nachdem sie sich als Fotokünstlerin geoutet hat.

Mit der offensichtlichen Persiflage auf den Kunstbetrieb gewinnt die Komödie endlich an Fahrt und Modernität. Es verbreitet sich ein Flair von hintersinnigem Woody-Allen-Geplänkel, das den grantigen Besserwisser Boris in den Hintergrund drängt. Dass die Karten alle neu gemischt werden und zuletzt keine Beziehung mehr da ist, wo sie war, muss schließlich als Geniestreich des Regisseurs gewertet werden. „Whatever Works“ lässt dem Autor reichlich Handlungsspielraum, die Story gerät darüber zum Irrgarten. Den einen freut's, der andere ist verstimmt.

„Whatever works“ USA 2009. Regie und Buch: Woody Allen. Mit: Larry David, Evan Rachel Wood, Patricia Clarkson, Adam Brooks. 92 Min. FSK: ab 12, ff.