Eine Pornokünstlerin gab sich alle Mühe, Publikum und Jury Goethes Lyrik näherzubringen. Doch überzeugen konnte sie nur Dieter Bohlen.

Berlin. Da sage noch einer, RTL stünde nicht für anspruchsvolle Sonnabendabend-Unterhaltung. Schließlich gab sich die Kandidatin beim Casting für das "Supertalent 2011" in Wiesbaden alle Mühe, dem Fernsehzuschauer etwas Lyrik näherzubringen. Alle acht Strophen des "Erlkönig" von Johann Wolfgang von Goethe konnte die 25-Jährige vor der Jury um Dieter Bohlen fehlerfrei aufsagen - und das, obwohl sie sich während ihres Vortrags sekündlich entblätterte. Und tatsächlich: Der Mix aus Lyrik und Erotik kam nicht nur beim männlichen Publikum an, auch "Pop-Titan" Bohlen hätte die Lyrikerin durchgewunken. Allein die gestrengen Jury-Kolleginnen Motsi Mabuse und Syilvie van der Vaart konnten wenig mit der eigenwilligen Interpretation der Ballade anfangen. Und so blieb der Kandidatin am Ende die Hoffnung, das junge Publikum wenigstens ein bisschen für Poesie begeistern zu können.

Ihr Auftritt war der einzige erotische Höhepunkt der zweiten Folge der neuen "Supertalent"-Staffel. Ansonsten regierte der etablierte Mix aus Ekel (Selwyn aus den Niederlanden ließ Milch aus dem Auge spritzen), Verzückung (fünfjähriger Ricky am Klavier) und Nervenkitzel (Kandidatin Robin Valencia ließ sich aus einer Kanone schießen).

Dieter Bohlen findet sich in der fünften Staffel gleich zwischen zwei Jury-Damen wieder. Sylvie van der Vaart auf der einen, die aus Südafrika stammende Tänzerin Motsi Mabuse auf der anderen. Bestes Umfeld für Bohlens Sprüche. Die 30-Jährige ersetzt den müde gewordenen New Yorker Choreographen Bruce Darnell. Dem Fernsehpublikum ist Mabuse seit der zweiten Staffel der RTL-Show "Let's Dance“ bekannt, in der Sänger Guildo Horn ihr Tanzpartner war. In der dritten Staffel tanzte sie an der Seite von Ex-"Topmodel“-Juror Rolfe Scheider und erreichte den fünften Platz. Und in der vierten Staffel von "Lets Dance“ hatte sie bereits den für die Karriere wichtigen Sprung in die Jury geschafft.

Zumindest die Quoten geben der RTL-Castingshow Recht. Knapp acht Millionen Zuschauer schalten pro Sendung ein – das schaffen regelmäßig nur "Wetten, dass..?“, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, der ARD-"Tatort“ und die Klitschko-Boxkämpfe. Die Sendung ist eine Castingshow wie viele andere auch, sie hat aber einen entscheidenden Vorteil: Die Kandidaten müssen nicht allein singen oder nicht allein über den Laufsteg flanieren können, sie dürfen einfach alles präsentieren, was dem Publikum und der dreiköpfigen Jury gefällt. Deswegen haben in den vergangenen vier Staffeln mit Freddy Sahin-Scholl und Nachwuchstenor Ricardo Marinello lediglich zwei Sänger gewonnen und mit Michael Hirte ein Mundharmonikaspieler sowie mit dem Jack Russell Terrier PrimaDonna (nebst Herrchen Yvo Antoni) ein Hund.

42.000 Menschen hätten sich für die fünfte Staffel beworben , berichtet RTL. Insgesamt sind 15 Sendungen angesetzt: zwölf Castingfolgen, zwei Halbfinalshows und das Finale. Die Kandidaten träumen wieder von der Siegprämie von 100.000 Euro, die als Starthilfe für eine große Karriere dienen soll. Zu den Bewerbern zählt RTL dieses Jahr auch dressierte Flöhe, sambatanzende Elefanten, eine Froschvorstellung, basketballspielende Schweine, eine vierjährige Schlangen-Tänzerin und einen 84-jährigen Geiger. Gerade wegen der Tierdarbietungen dürfte wieder Ärger mit Tierrechtsorganisationen drohen.

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