Am nächsten Sonntag muss sie ihren Platz für Günther Jauch räumen. Der kommt im September. Für Will heißt das: “Endlich keine Spaßbremse mehr.“

Berlin. Monatelang wurde sie hin- und hergeschoben, klar war bei der Hängepartie nur: „Anne Will“ muss ihren Sendeplatz im Ersten Programm räumen. Wenn vom 11. September an Günther Jauch sonntags um 21.45 Uhr vor die Kamera tritt, wird die Moderatorin möglicherweise zu Hause auf dem Sofa den Einstieg des Kollegen in den ARD-Talkreigen verfolgen. Will ist dann bereits aus der Sommerpause zurück und hat einen neuen Platz: Vom 31. August an mittwochs nach den „Tagesthemen“ um 22.45 Uhr. An diesem Sonntag (10. Juli) ist sie zum letzten Mal zu ihrer angestammten Stunde zu sehen.

Leicht wurde Will der Umzug nicht gemacht, genauso wie einst ihr Einstieg im Ersten. Immer wieder hat sie Häme erleiden müssen – und ist daraus gestärkt hervorgekommen. Als erste Moderatorin präsentierte sie in der ARD die „Sportschau“ – Fußball-Machos kräuselten die Stirn. Später bekam sie dafür einen Grimme-Preis.

Als sie im September 2007 den Sendeplatz von Sabine Christiansen übernahm, hieß es, die Sendung sollte weiter „Sabine Christiansen“ heißen, moderiert von Anne Will. Selbst die neue Sitzgarnitur für Gäste wurde als „Betroffenheitssofa“ belächelt. Die Quoten gingen nach oben. 2010 war die Will-Runde der erfolgreichste Polit-Talk des Jahres mit durchschnittlich 4,2 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 14,5 Prozent. Auch im ereignisreichen 2011 hält sich Will wacker. Mit durchschnittlich 4,1 Millionen Zuschauern erreicht sie eine Quote von 14,2 Prozent.

Für Anne Will kam die Nachricht, dass sie ihren Sendeplatz aufgeben muss, überraschend. Sie war gerade in den USA, als NDR-Intendant Lutz Marmor sie informieren wollte – wegen der Zeitverschiebung erreichte er sie nicht, weil das Handy aus war, wie sie im „Spiegel“ erzählte. „Als ich es wieder anmachte, lief die Meldung schon überall. Es war sicher keine Absicht, dass das so unglücklich gelaufen ist.“ Marmor habe um Pardon gebeten, die Entschuldigung habe sie angenommen.

Der Abschied vom begehrten Sonntagabend falle ihr nicht schwer, sie freue sich auf den Mittwoch. Der neue Sendeplatz hat den Vorteil, dass dann wieder die Wochenenden frei sind und sie nicht mehr die „Spaßbremse“ sein muss, wie die 45-Jährige der „Bunten“ sagte. „Ich habe nur alkoholfreies Bier getrunken, musste früh nach Hause gehen und mich am Sonntagmorgen an den Schreibtisch setzen. Künftig kann ich bis in die Morgenstunden bleiben – ohne Furcht, dass ich am nächsten Tag bitter dafür bezahlen muss.“

Mit dem Moderatoren-Karussell möchte die ARD nach eigenen Angaben ihre Informationsschiene stärken. Dafür setzte das Erste Günther Jauch ein, der vor einigen Jahren den Intendanten ein Korb gegeben hatte – Will sprang in die Lücke. Jauch ließ sich dann doch überzeugen, gab „Stern TV“ (RTL) auf und steigt jetzt am Sonntag für die ARD „in die Bütt“.

Frank Plasberg geht mit „hart aber fair“ künftigs montags um 21.00 Uhr auf Sendung. Reinhold Beckmann wird von Montag auf den Donnerstag um 22.45 Uhr umziehen. Nur Sandra Maischberger darf ihren Dienstag (22.45 Uhr) behalten.

Angesichts von fünf wöchentlichen Gesprächskreisen im Ersten sowie „Markus Lanz“ und „Maybrit Illner“ im ZDF sprechen Kritiker von einem „Talk-Overkill“. Bundestagspräsident Norbert Lammert ging gegen diese „anschwellende Flut“ ins Gericht. Die Talkshows simulierten nur politische Debatten. „In Wahrheit benutzen sie Politik zu Unterhaltungszwecken“, sagte Lammert dem „Spiegel“.

Tatsächlich könnten mit fünf wöchentlichen Runden bei brisanten Themen die Gäste knapp werden. Angesichts dieser Fülle kommen zwischen 20 und 30 Gäste pro Woche infrage – allein in der ARD. Der ARD-Chefredakteur soll für Ordnung sorgen und achten, dass es keine Überschneidungen gibt.