Mit ihrem Album “4“ schwimmt Beyoncé über weite Strecken im Whitney-Houston-Fahrwasser und gibt sich wenig überzeugend als Revoluzzerin.
Wenn das eigene Image totgeritten scheint, probiert man es mit einem neuen Stilmix. Beyoncé, Königin des Lametta-Souls, versucht sich halbherzig als Teilzeit-Feministin im Goldkleid und tobt im Musikvideo zu ihrer neuen Single "Run The World (Girls)" in Mad-Max-Aufmachung durch den Wüstensand. Sie führt Hyänen an der Kette und eine Armada der Frauen auf die Barrikaden gegen eine Männertruppe.
Für das dazugehörige, wenig einfallsreich "4" betitelte Werk hat Frau Knowles sich in Australien einen Studiotempel errichten lassen und dort Produzenten und Songschreiber wie Babyface oder Kanye West hingekarrt. Das Ergebnis ist erwartbar hochglanzpoliert, doch trotz aller Vokalakrobatik der US-Sängerin in Whitney-Houston-Manier und dem Bemühen um abwechslungsreiche Marschrhythmen, aufregend ist es nicht. Längst laufen ihr andere den Erfolgsrang ab.
Die brisanterweise von Ehemann Jay-Z produzierte Rihanna ist jünger und sexier. Und Wasserstoffpuppe Lady Gaga knallt mit ihrer Kirmesmusik mehr als Beyoncé mit ihrem weichgespülten Soulpop. Zwar hat sie ihre drei Alben zwischen 2003 und 2009 über 75 Millionen Mal abgesetzt und ist damit noch immer die Topsellerin der Branche. Allein, man kauft diesem Luxusgeschöpf die neue Raubkatze mit Hang zum Revoluzzertum nicht ab. Und der Rest der Platte gibt einem recht. Das schunkelt sich alles schmusig balladesk zurecht. Oder versucht sich wie in "Love On Top" an einem Retro-Touch à la James Ingram.
Da knirscht nichts. Kein Aufruhr in der Blutbahn. Also eher Musik für den Friseurbesuch als für die Demo für Frauenrechte.
Beyoncé: "4" (Sony Music); www.beyonceonline.com