Der Künstler Ai Weiwei, der seit April wegen regimekritischer Äußerungen in China in Haft saß, ist gegen Kaution freigelassen worden.

Berlin. Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch gegen Kaution aus der Haft entlassen worden - wenige Tage vor den ersten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin. Die chinesische Regierung wirft dem Systemkritiker Steuerhinterziehung vor. Die Nachrichtenagentur meldete, der Künstler habe sich nach Polizeiangaben bereiterklärt, einen großen Betrag hinterzogener Steuern zu bezahlen. Ai Weiwei war am 3. April auf dem Pekinger Flughafen festgenommen und danach an einen geheimen Ort außerhalb Pekings gebracht worden. Seine Frau durfte ihn nur einmal kurz besuchen.

Ai Weiwei hat seine Freilassung in einem Gespräch mit der „Bild“-Zeitung bestätigt. „Mir geht es gut. Ich bin wieder zu Hause. Und ich bin frei. Ich kann aber nicht sprechen. Bitte verstehen sie das“, sagte Ai laut einem Online-Bericht der Zeitung vom Mittwoch. Er sei zurück in seinem Studio im Pekinger Bezirk Caochangdi, meldeten Freunde des Künstlers.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt die Freilassung des chinesischen Künstlers. Merkel habe sich bei der chinesischen Führung für die Freilassung eingesetzt und dafür, dass Ai Zugang zu seiner Familie und zu einem Rechtsbeistand bekomme, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Die Freilassung gegen Kaution könne aber nur ein erster Schritt sein. Nun müssten die Vorwürfe gegen Ai „in einer rechtsstaatlichen und transparenten Weise“ aufgeklärt werden. Eine formelle Anklage gegen Ai war von den chinesischen Behörden nie erhoben worden.

In einem kurzen Bericht von Xinhua hieß es, Ai habe eine "gute Haltung“ an den Tag gelegt, indem er "seine Verbrechen“ gestanden habe. Zudem habe er wiederholt versprochen, die Steuern, die er schulde, zurückzuzahlen. Aus dem Bericht von Xinhua geht auch nicht hervor, ob es demnächst eine Anklage oder einen Prozess gegen den Künstler geben wird.

Nur zwei Wochen vor seiner Fetsnahme hatte Ai in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" gesagt, er habe Angst, dass er mit seinen kritischen Äußerungen zu Chinas Politik und dem Umgang mit Menschenrechten immer stärker in den Fokus der Behörden rücken würde. "Die Mächtigen wollen verhindern, dass kritische Stimmen gehört werden. Sie wollen sie vernichten", sagte Ai Weiwei. Kurz darauf wurde er festgenommen.

Die Festnahme des Künstlers löste eine Welle internationaler Proteste aus. Zahlreiche Politiker forderten seine Freilassung, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel soll sich für ihn eingesetzt haben. Menschenrechtsaktivisten von Amnesty International hielten Mahnwachen, weltweit demonstrierten Menschen vor chinesischen Botschaften und Konsulaten. Die Berliner Universität der Künste (UdK) engagierte ihn als Gastprofessor. „Wir berufen keinen Dissidenten, sondern einen herausragenden und wesentlichen Exponenten der zeitgenössischen Kunst“, sagte UdK-Präsident Martin Rennert damals. „Wir hoffen, dass Ai Weiwei in Kürze seine Arbeit hier aufnehmen kann."

Am Montag kommt Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao mit mehreren Ministern für zwei Tage nach Berlin. Die Erwartung an Merkel, sie müsse den „Fall Ai“ aufs Tapet bringen, war groß. Diesen "Knackpunkt“ haben die Chinesen vorsorglich zumindest entschärft.

Das beiderseitige Verhältnis ist ohnedies nicht einfach. Seit Merkel 2007 den Dalai Lama im Kanzleramt empfangen hatte, war das Klima kühl. Peking wertete das Treffen mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter als "Einmischung in innere Angelegenheiten“.

Erst der Besuch der Kanzlerin in Peking vor einem Jahr sorgte wieder für Entspannung. Sie wurde von Wen mit großer Aufmerksamkeit empfangen, erstmals seit fast 40 Jahren gab es wieder ein gemeinsames Kommuniqué der Regierungschefs. Auch die jetzt anlaufenden jährlichen Regierungskonsultationen wurden vereinbart. (dpa/dapd/abendblatt.de)