Vertreter der Szene wollen den Dialog zur Politik. Berlins Bürgermeister Wowereit bedauert unterdessen den Wechsel Kisselers nach Hamburg.

Hamburg. Hamburgs Kulturschaffende wollen sich künftig mit mehr Selbstbewusstsein in der Hansestadt stark machen. Unter dem Motto "Stadt ist Kultur – Ein Plädoyer für Hamburg“ formulierten prominente Vertreter unterschiedlicher Kulturbereiche am Montagabend im Kulturzentrum Kampnagel ihre Erwartungen an die Politik. Dabei waren sie sich einig, dass es wieder einen partnerschaftlichen Dialog zwischen den Kulturinstitutionen und der Politik geben müsse. "Wir wollen unserer neuen Senatorin ein bisschen was mit auf den Weg geben für eine planvolle Kulturpolitik“, sagte Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard mit Blick auf die designierte Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) im neuen Senat des künftigen SPD-Bürgermeisters Olaf Scholz. Immerhin hatte Kisseler bereits einen steigenden Kulturetat in Aussicht gestellt.

"Eine lebendige Stadt braucht diversifizierte kreative Milieus“, betonte Deuflhard. Die Politik habe sich in den letzten Jahren jedoch ganz auf Prestigeprojekte wie die Elbphilharmonie fokussiert und die eigentlichen Stärken der Hamburger Kulturszene nicht beachtet. Die Kampnagel-Intendantin forderte ein dynamisches Kulturkonzept, das zu einem Teil der Stadtentwicklung werden müsse: "Kultur ist nicht das Sahnehäubchen, sondern Grundnahrungsmittel unserer Stadt!“

Joachim Lux, Intendant des Thalia-Theaters, rief dazu auf, zukünftig "die Begründung der Notwendigkeit der Kultur zu verweigern“. "Wir stehen kräftig da, wir müssen uns nicht in die Defensive begeben, wir sind im Angriff!“, gab sich Lux kämpferisch. Es fehle den Kulturschaffenden zu Unrecht an Selbstbewusstsein: "Wer hätte denn gedacht, dass Kultur und Bildung zum Platzen einer Koalition führen können?“

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Die kraftvolle Repräsentanz der Kultur müsse in Hamburg wieder Raum bekommen, sagte Lux. Zwar könne auch die neue Kultursenatorin kein Geld drucken, jedoch habe man dann wieder "eine Kultursenatorin, der wir vertrauen können“, zeigte sich der Intendant zuversichtlich für den Neustart. Die Politik, aber auch die Kulturschaffenden selbst könnten und müssten noch sehr viel tun, um ein größeres Publikum für Kultur zu begeistern. Schließlich habe diese immer auch einen sozialen Aspekt.

Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner forderte von der Kulturpolitik zudem, nicht ständig das Image der Stadt zu wechseln. "Jedes Jahr ein anderes Label“, für das Hamburg stehen solle. "Das ist Etikettenschwindel“, kritisierte Gaßner. Was Hamburg brauche, seien dagegen Symbolfiguren, Personen des öffentlichen Lebens, die für die Kunst und ihre Institutionen stünden. Den Hamburgern fehle es gelegentlich am Wunsch, sich auch mal zu zeigen: "Aber Kunst braucht auch Mut, sich mal zu outen.“

Die Debatte vom Montagabend steht in einer Reihe von Veranstaltungen, mit denen die Hamburger Kulturszene auf das im September vergangenen Jahres beschlossene Sparprogramm des schwarz-grünen Senats reagiert hatte. Demzufolge sollten im Kulturetat gut sechs Millionen Euro eingespart werden. Nach einem ersten "Kulturgipfel“ milderte der damalige Senat im Oktober 2010 die geplanten Einsparungen ab.

Wowereit bedauert Wechsel Kisselers

Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bedauert unterdessen den geplanten Wechsel seiner Senatskanzlei-Chefin Barbara Kisseler (parteilos) nach Hamburg. Kisseler sei eine "herausragende Kulturexpertin“ und eine "wichtige Mitarbeiterin, mit der ich vertrauensvoll zusammengearbeitet habe“, sagte Wowereit am Dienstag nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Saudi-Arabien.

Andererseits freue er sich über den Karrieresprung Kisselers, die von der Staatssekretärin zur Senatorin aufsteige, sagte Wowereit. Kisseler und Hamburgs designierter Erster Bügermeister Olaf Scholz (SPD) hätten ihn vorher gefragt. Er wünsche Kisseler "eine glückliche Hand bei der Lösung der Hamburger Kulturprobleme“, für die sie auch die Unterstützung des Ersten Bürgermeisters brauche. Über die Nachfolge Kisselers an der Spitze der Senatskanzlei sei noch keine Entscheidung getroffen worden, sagte Wowereit. Sie arbeite ja noch vier Wochen in Berlin. Der Regierungschef deutete an, dass angesichts der Wahl in Berlin Mitte September auch auf eine Berufung verzichtet werden könnte.