Der Sohn des Altkanzlers schreibt in seinem Buch “Leben oder gelebt werden“ über Missstände in der kohlschen Vater-Sohn-Beziehung.
München. Dass Vater-Sohn-Beziehungen nicht selten frei von Konflikten sind, lehrte nicht erst das Werk Franz Kafkas. Nun drängt ein weiteres Schriftstück über ein komplexes Verhältnis zwischen mächtigem Vater und untergebenem Sprössling auf den Büchermarkt.
In seiner Autobiographie „Leben oder gelebt werden“ schreibt sich Walter Kohl, ältester Sohn von Deutschlands Altkanzler Helmut Kohl, den Frust über die verloren gegangene Bindung zu seinem Vater von der Seele. „Mein Vater hat sich inzwischen vollständig von mir losgesagt“, schreibt Kohl junior in seinen Memoiren, aus denen das Nachrichtenmagazin „Focus“ am Montag vorab Auszüge druckte.
„Auf meine direkte Frage: 'Willst du die Trennung?', antwortete er mir knapp mit 'Ja!'“. Anlass sei ein Interview gewesen, das Walter Kohl 2008 einer Zeitschrift gegeben hatte. Bei der Hochzeit seines Vaters mit der 34 Jahre jüngeren Maike Richter 2008 war Walter Kohl nicht dabei. Sein Vater habe ihn über diesen Schritt per Telegramm informiert. Dies sei „ein Schlag“ für ihn gewesen.
Vom Tod seiner Mutter Hannelore habe er durch die Büroleiterin seines Vaters, Juliane Weber, am Telefon erfahren, schreibt Walter Kohl außerdem. In dem Buch berichtet er auch, wie er nach dem Freitod seiner Mutter 2001 selbst Suizidgedanken hegte: „Ich begann methodisch zu überlegen und zu planen.“ 2002 habe er sich entschieden, seinen Selbstmord als Badeunfall im Roten Meer zu tarnen. „Ich kaufte sogar eine neue Ausrüstung mit nagelneuen, hochwertigen, technisch einwandfreien Lungenautomaten, mit Tauchcomputer und Tarierweste, damit keinerlei Zweifel aufkommen würde, dass es ein Unfall war.“ Die Sorge um seinen eigenen Sohn habe ihn schließlich von seiner Planung abgebracht, schreibt der 1963 geborene Kohl. (afp)