Die Sichtung der wichtigsten Filme der nächsten Wochen führt zu Vorfreude ohne Vorbehalte. Neues von Inàrritu, Danny Boyle und Aronofsky.
Das Kinojahr 2010 hat gegen Ende noch mal groß aufgefahren: mit der köstlichen Woody-Allen-Komödie "Ich sehe den Mann deiner Träume", anspruchsvollem Arthouse-Kino ("Von Menschen und Göttern"), aufwendigem Spannungskino aus Hollywood ("The Tourist") und dem deutschen Beziehungsdrama "Drei". Ein aufregender Schlussspurt, der von der Vielfalt des internationalen Kinos zeugt. Und vielleicht ein Versprechen für die kommenden Wochen ist. Ein Ausblick.
"Morning Glory" (Start: 13.1.), die neue Komödie von "Notting Hill"-Regisseur Roger Michell, spielt in der Welt des US-Frühstücksfernsehens und vereint Jungstar Rachel Adams mit Knautschgesicht Harrison Ford. Der spielt einen krisenherderprobten, kritischen TV-Journalisten, der plötzlich locker-flockige Nachrichten zu früher Stunde verlesen soll. Ihn packt noch mal der Ehrgeiz ... Eine milde Satire auf die Oberflächlichkeit des Fernsehens, manchmal albern, manchmal witzig.
Nicht verpassen sollte man "Black Swan" (20.1.) von Darren Aronofsky ("The Wrestler"). Natalie Portman spielt eine Primaballerina, die in New York die Chance erhält, die Schwanenkönigin im "Schwanensee" zu tanzen.
Aronofskys Inszenierung widmet sich den schmerzhaften physischen Details
Doch sie droht an den physischen und psychischen Anforderungen, vor allem aber am Erwartungsdruck zu zerbrechen, den ihre ehrgeizige Mutter und der tyrannische Choreograf aufbauen. Aronofsky gibt gar nicht erst vor, eine psychologisch korrekte Studie dieser Krise zu beschreiben. Er widmet sich den physischen Details - gesplitterte Zehennägel, zusammengewachsene Zehen, gebrochene Rippen, Schmerzen, Blut, Visionen, Fantasien, Verfolgungswahn. Entstanden ist so ein Horror-Ballettfilm mit einer umwerfenden Natalie Portman und der virtuosen Kamera von Matthew Libatique.
Ganz anders "Another Year" (27.1.) von Mike Leigh. Über vier Jahreszeiten hinweg erzählt er die Geschichte eines glücklich verheirateten Paares und zweier ihrer nicht ganz so glücklichen Freunde, die mit Einsamkeit und Alkoholsucht kämpfen. Unzufriedenheit, vergebene Chancen, gescheiterte Lebensentwürfe: Leigh entwirft mit punktgenauen Dialogen und großartigen Darstellern ein Kaleidoskop des Unglücklichseins, das durch Warmherzigkeit und Freundschaft aufgefangen wird. Bewegend, anrührend, gut.
Auf einem wahren Fall beruht Danny Boyles "127 Hours" (17.2.). Aaron Ralston fiel im April 2003 bei einer Kletterpartie im Canyonlands National Park im US-Staat Utah in eine Schlucht und wurde von einem Felsbrocken eingeklemmt. Erst fünf Tage später konnte er sich befreien, indem er sich den rechten Unterarm abtrennte. Eine scheinbar ausweglose Situation, die Boyle mit Ideenreichtum und großer Originalität inszeniert.
Neues gibt es auch aus Deutschland: "Dschungelkind" (17.2.) von Roland Suso Richter ist die ebenso anspruchsvolle wie geglückte Verfilmung des Buches von Sabine Kuegler, die ihre Kindheit und Jugend im Dschungel von West-Papua beschreibt. In den Hauptrollen: Nadja Uhl und Thomas Kretschmann.
Nicht vergessen werden soll auch "Biutiful" (10.3.), der neue Film von Meisterregisseur Alejandro González Inárritu ("Babel", "21 Gramm"). Javier Bardem spielt darin einen Gangster aus Barcelona, der sich nicht nur um seine zwei Kinder kümmern muss, sondern auch um seine psychisch labile Frau, von der er getrennt lebt. Damit nicht genug: Er wird bald an Prostatakrebs sterben und ist auch noch indirekt schuld am Tod von 21 illegalen chinesischen Arbeitern. Schwerer Stoff, aber hervorragend gespielt und virtuos inszeniert.
Man darf sich vorbehaltlos auf das neue Kinojahr freuen.