Bei heftigem Regen glänzen die Schauspieler Ben Affleck und Rebecca Hall um die Wette. Affleck präsentiert seine zweite Regiearbeit.

Venedig. Dunkle Wolken, stürmische Wellen und Regen ohne Ende: In Venedig goss es am Mittwoch so heftig, dass nicht nur der berühmte Markusplatz unter Wasser stand, sondern auch Teile des Lido, Herz des Internationalen Filmfestivals. Selbst der rote Teppich sah zeitweise ziemlich mitgenommen aus . Statt Stöckelschuhen und Abendgarderobe mussten daher zumindest tagsüber die Jeans hochgekrempelt und die Regenschirme aufgespannt werden. Immerhin brachten aber die Hollywoodstars Ben Affleck und Rebecca Hall etwas glamouröses Strahlen in diese trübe Szenerie.

Oscar-Preisträger Ben Affleck zeigte im Wettbewerb außer Konkurrenz seine zweite Regiearbeit, das Gangster-Drama „The Town“. Demnach gibt es in Boston jedes Jahr hunderte Banküberfälle, wobei viele der Täter aus dem Bezirk Charlestown stammen. So auch Doug (Affleck) und seine drei Komplizen. Sie rauben Banken aus und überfallen Geldtransporte. Doch dann trifft Doug auf die Bankangestellte Claire (Hall aus Woody Allens „Vicky Cristina Barcelona“), verliebt sich in sie und will sein Leben verändern. „Ich wollte nichts glorifizieren und ich wollte nichts vereinfachen“ , sagte der Schauspieler-Regisseur („Good Will Hunting“) vor der Premiere. Er habe zeigen wollen, wie sehr das Umfeld jeden Menschen forme, wie schwer es sei, dem zu entkommen. „Die Vergangenheit ist unser Leben lang sehr lebendig.“

Dutzende von Pistolenkugeln durchsiebte Polizisten und Autos tauchen im Film auf. Die ganze Geschichte geriet Affleck etwas löchrig. Er inszeniert eine klassische Gangstergeschichte mit harten Jungs und schweren Waffen und baut dabei den altbekannten Konflikt ein: Ein Krimineller möchte sein bisheriges Leben zurücklassen, wird daran aber von seinem Umfeld gehindert. Doch dabei geht Affleck kaum in die Tiefe , sondern hantiert mit flachen Figuren, bleibt in der Liebesgeschichte unglaubwürdig und lässt viele Fragen offen.

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Auch der Wettbewerb des Festivals sackte wie in den Vorjahren nach einer guten ersten Halbzeit auf ein fast schon traditionelles Tief ab. Die Griechin Athina Rachel Tsangari ging mit „Attenberg“ ins Rennen, langweilte aber mit der leblosen Story um eine junge Frau, die ihre Sexualität entdeckt. Und im französischen Beitrag „Black Venus“ spürte Abdellatif Kechiche dem tragischen Leben der Südafrikanerin Saartjie Baartman nach. Anfang des 19. Jahrhunderts soll sie in London und Paris mit einer Show berühmt geworden sein, in der sie der weißen Gesellschaft eine wilde Exotin vorspielte. Reizvoll im Film ist dabei, dass Saartjie zwar selbstbestimmt nach Europa kam und dort frei lebte, andererseits aber unter Druck gesetzt und zu der menschenunwürdigen Show gedrängt wurde. Dennoch schöpft Kechiche das tragische Potenzial nicht wirklich aus, sondern dehnt „Black Venus“ auf zähe und lange 160 Minuten aus. Hoffentlich war das nur ein vorübergehendes Tief – wettermäßig und im Wettbewerb.

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