Das Bezirksamt Mitte sperrte ein Haus aus Sicherheitsgründen. Ein von den Künstlern eingereichtes Gutachten wird nun geprüft.
Hamburg. Nur eine Woche nachdem die Künstlerinitiative "Komm in die Gänge" den ersten Jahrestag der friedlichen Besetzung des bis dahin vom Abriss bedrohten historischen Gängeviertels mit einem großen Fest und zahlreichen Veranstaltungen gefeiert hat, überschattet jetzt ein neuer Konflikt das Projekt. Während die Künstler gemeinsam mit der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt über ein Nutzungs- und Sanierungskonzept verhandeln, das die Stadt mit einem zweistelligen Millionenbetrag fördern will, hat das Bezirksamt Mitte am Donnerstag die "Fabrik", das eigentliche Herzstück des Areals, behördlich sperren lassen. Nach einer entsprechenden Verfügung untersagte die städtische Wohnungsgesellschaft Sprinkenhof der Künstlerinitiative aus Sicherheitsgründen die weitere Nutzung des aus dem späten 19. Jahrhundert stammenden Industriegebäudes.
Bis Freitagnachmittag bemühte sich die Künstler zwar durch die Vorlage baustatischer Gutachten, das zuständige "Fachamt Bauprüfung" davon zu überzeugen, dass die Nutzung unbedenklich sei, doch da die Behörde sich nicht in der Lage sah, die Unterlagen noch vor dem Wochenende zu bewerten, konnte das Verbot nicht mehr verhindert werden. "Wir sind darüber enttäuscht, denn wir haben uns sehr darum bemüht, die Bedenken der Bauprüfabteilung durch die Gutachten eines Baustatikers in allen Punkten zu entkräften, haben uns aber dann entschieden, die Veranstaltung an anderen Orten innerhalb des Gängeviertels stattfinden zu lassen", sagte Christine Ebeling, die Sprecherin der Initiative, dem Abendblatt. Deshalb wurde die Ausstellung "schaumgebaut" der Künstler Clemens Austen, Christof Klemmt und Stephan Partyschaum Cay kurzfristig in das Fachwerkhaus "Loge" am Valentinskamp 34 verlegt, und für das Konzert mit der Gruppe De fofftig Penns wich man auf den Innenhof aus.
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Bereits für das Jubiläumsfest Ende August hatte es behördliche Auflagen gegeben, die die Nutzung der "Fabrik" einschränkten. Offiziell genehmigt war nur die Bespielung der Erdgeschosszone des historischen Industriebauwerks. "Wir sind immer sehr verantwortlich mit den Gebäuden umgegangen, haben von Anfang an Vorkehrungen gegen mögliche Gefahren getroffen, haben unsere Besucher gezählt und alles vermieden, was deren Sicherheit gefährden könnte", sagt Christine Ebeling, die das Bezirksamt Mitte zugleich heftig kritisiert. "Das ist eine Politik der Angst, bei der es nur um Verhinderung geht", meint Ebeling. Die Sicherheitslage innerhalb des Gängeviertels sei viel unproblematischer als bei anderen Veranstaltungen. "Den von Bezirksamtsleiter Markus Schreiber ins Spiel gebrachten Vergleich mit der Loveparade finde ich in unserem Fall völlig unangebracht. Wenn man eine solche Parallele tatsächlich ziehen will, sollte man vielmehr an Veranstaltungen wie das Alstervergnügen denken. Wenn dort in bestimmten Bereichen mal eine Panik ausbrechen würde, wäre eine Katastrophe sehr wahrscheinlich."
Schreiber sieht das naturgemäß anders. "Wir unterstützen die Gängeviertel-Künstler zwar, aber wir wollen nicht den Fehler machen, der in Duisburg begangen wurde: Auch wenn man etwas gern will und es möglich machen möchte, kann man sich nicht darauf verlassen, dass schon nichts passieren wird. Wir müssen stattdessen dafür sorgen, dass tatsächlich nichts passiert. Da uns Berichte eines Statik-Büros vorliegen, die erhebliche Sicherheitsmängel auflisten, mussten wir tätig werden. In dem einen Jahr, das seit der Besetzung vergangen ist, hat sich der bauliche Zustand der Gebäude leider nicht verbessert, sondern verschlechtert", sagte der Bezirksamtsleiter gestern dem Abendblatt.
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Schreiber kündigte an, dass die von der Initiative eingereichten statischen Gutachten von heute an fachlich bewertet werden. "Wenn sich tatsächlich zeigen sollte, dass das Gebäude sowohl baustatisch als auch brandschutztechnisch wirklich sicher ist und begangen werden kann, könnte es im Laufe der Woche auch wieder freigegeben werden. Doch so etwas geht nicht auf Zuruf, sondern bedarf einer sorgfältigen Prüfung", sagte Schreiber, der die Initiative ausdrücklich lobte: "Die Gängeviertel-Künstler sind wahrscheinlich die einzigen Besetzer auf der Welt, die einer Verfügung eines Bauprüfamtes nachkommen. Das finde ich sehr verantwortungsvoll."
Die alte Fabrik soll künftig vor allem freien Tänzern und Theaterschaffenden als Probe- und Aufführungsort dienen. Es soll aber vor allem ein für alle öffentlich zugänglicher Ort für kulturelle und soziale Projekte werden, an dem zum Beispiel auch Kindermalstunden oder Swingabende für Senioren stattfinden können.