Mehrzad aus Hamburg siegte mit sogenannten deutschen Tugenden - sein Konkurrent Menowin Fröhlich war am Boden zerstört.
Köln. Nach gefühlten 5000 Aufrufen zur telefonischen Zuschauerabstimmung war es am frühen Sonntagmorgen soweit: Der gebürtige Iraner Mehrzad Marashi (29) mit den vulkanascheschwarzen Haaren wurde Deutschlands Superstar 2010, obwohl sich die Jury geschlossen für seinen Rivalen Menowin Fröhlich (22) ausgesprochen hatte. Doch das Fernsehpublikum entschied zu 56,4 Prozent anders. „Das Gute siegt eben doch“, kommentierte der „Sonntag Express“.
Jury-Schlachtross Dieter Bohlen (56) erklärt sich Mehrzads Erfolg bei den Zuschauern so: „Ich glaube, dass die belohnt haben, dass er diese deutschen Tugenden in sich getragen hat: Disziplin, Fleiß.“ Menowin habe zwar super gesungen, aber: „Wenn man jeden Tag in den Medien ist mit nicht gerade positiven Schlagzeilen – dass man dafür die Quittung bekommt, ist auch klar.“ Zuletzt waren Ermittlungen wegen Drogenbesitzes bekanntgeworden. Menowin zeigte sich als schlechter Verlierer und knurrte: „War ich wirklich so Scheiße?“
Hier kann man das Finale noch einmal sehen
„DSDS“, die Frühjahrsparade der singenden Egos, gehört inzwischen zum Fernsehjahr wie „Mainz bleibt Mainz“ und „Dinner for One“. Der gesamte Ablauf einschließlich der Kandidaten-Verrisse ist Routine. Und doch schafft es RTL jedes Mal, die Einschaltquoten noch zu steigern. Den Sieg Marashis verfolgten mehr als sieben Millionen Menschen – knapp 40 Prozent aller Fernsehzuschauer. Bei den 14- bis 49-Jährigen lag der Marktanteil nach Senderangaben sogar bei mehr als der Hälfte.
„DSDS“ ist mittlerweile die mit Abstand erfolgreichste Show bei der umworbenen jungen Zielgruppe. Warum nur? „Das ist unheimlich emotional hier“, ist die Erklärung von Bohlen. „Ein sechsjähriger Junge kann mit seinem Opa darüber diskutieren, ob er das gut oder schlecht findet. Ich kenn' keinen, dem das egal ist.“
Geschickt verstand es RTL, den Konkurrenzkampf zwischen Mehrzad und Menowin anzuheizen. „Hier treten zwei Erzfeinde an“, frohlockte Moderator Marco Schreyl (36). Und zu Menowin: „Du gehörst zu den Leuten, die Kriege gewinnen wollen.“ Das war als Kompliment gemeint.
Menowin – äußere Kennzeichen: Tattoos, Piercings und ausrasierte Prollzacken – saß zwei Jahre im Gefängnis. Die ganze Zeit plante er, sich erneut bei „DSDS“ zu bewerben: „Ich hab' davon geträumt, nachts in der Zelle. Ich werde um mein Leben singen.“
Seine zahlreichen Vorstrafen waren Dieter Bohlen „scheißegal“. Wie der Vater, der im biblischen Gleichnis den verlorenen Sohn wieder aufnimmt und ihm alle Übeltaten verzeiht, schloss er Menowin in die Arme. Auch Jurorin Sylvie van der Vaart (32) bekannte: „Ich bekomme ein Weichei.“ Das ist Holländisch für weiche Knie.
Knallharter Wettbewerb und unbedingter Drang nach oben kennzeichnen alle Castingshows, die derzeit die deutsche Fernsehunterhaltung beherrschen. „Jeder muss wissen: Wer sich nicht anstrengt, macht nicht denselben Weg wie jemand, der sich anstrengt.“ Das hat jetzt mal nicht Dieter Bohlen gesagt, sondern Guido Westerwelle, der letzte Woche in der „Bravo“ zur werberelevanten Zielgruppe sprach.
Bohlen formulierte es am Sonntagmorgen so: „Man muss arbeiten wie ein Galeerensträfling.“ Die schwerfällige Ordnung und Gesetzlichkeit des Alltags ist bei „DSDS“ allerdings aufgehoben, die Karrieren vollziehen sich im Zeitraffer.
Auch der Sieger Mehrzad hat die Leistungsbotschaft verinnerlicht. Der junge Vater, der seiner Freundin im Halbfinale einen Heiratsantrag machte und trotz des blöden Geredes vom Krieg immer Gentleman blieb, versprach im Anschluss an die Sendung bei einer Pressekonferenz: „Ich habe für mein Ziel gearbeitet. Ich denke einfach: Fleiß macht sich bezahlt.“ Merkt's euch, Kinder.