Die Aktrice mit deutschen Wurzeln wurde in Hollywood als beste Hauptdarstellerin gekürt - und einen Tag zuvor als schlechteste.

Los Angeles/Hamburg. Sie ist die beste und die schlechteste Schauspielerin Hollywoods: Innerhalb von zwei Tagen hat Sandra Bullock die begehrteste und die gefürchtetste Auszeichnung der Filmwelt bekommen. Der Oscar als beste Hauptdarstellerin in dem Film „Blind Side – Die große Chance“ ist der Karrierehöhepunkt für die 45-Jährige, die bislang eher für Komödien und Actionfilme bekannt war.

Nur einen Tag vor der Verleihung des begehrten Mannes in Gold hatte sie aber auch den Schmähpreis „Goldene Himbeere“ für ihre Rolle als aufdringliche Verliebte in der Komödie „Verrückt nach Steve“ erhalten.

Cheerleader-Captain, Waldorfschülerin, Kellnerin: Die schöne Brünette fiel bislang eher durch die Vielfältigkeit ihrer Rollen als durch schauspielerischen Tiefgang auf. An der Uni studierte sie Schauspiel und versuchte danach ihr Glück auf den Theaterbühnen New Yorks. Es folgten kleine Rollen in Film und Fernsehen, bis sie 1993 als Sylvester Stallones Gespielin in „Demolition Man“ auffiel.

Ihre erste große Kino-Rolle hatte sie 1994 an der Seite von Keanu Reeves in dem Action-Knaller „Speed“, danach stand sie unter anderem für den romantischen Liebesfilm „Während Du schliefst...“ (1995) oder die Verfilmung des John-Grisham-Romans „Die Jury“ (1996) vor der Kamera.

In „Miss Undercover“ spielte Bullock eine Polizisten, die bei einer Misswahl verdeckt ermittelt. Einen großen Publikumserfolg feierte die deutsch-amerikanische Schauspielerin im vergangenen Jahr als zickige Chefin mit weichem Kern in der Liebeskomödie „Selbst ist die Braut“ – dem Film mit ihrer allerersten Nacktszene.

Mit „Blind Side – Die große Chance“ betrat die 45-Jährige weitgehend Neuland. Sie spielt eine Mutter aus der Oberschicht, die einen obdachlosen, schwarzen Jungen in ihrer Familie aufnimmt und ihn zum Football-Profi macht. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.

Die frisch gekürte Oscar-Preisträgerin wurde in Virginia geboren und wuchs in Nürnberg auf. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater war als US-Soldat in Bayern stationiert. Wenn Bullock deutsch spricht, tut sie das mit fränkischem Akzent. „Weihnachten feiern wir immer traditionell nach deutschem Brauch. Dann gibt's bei uns Bratwürste, Sauerkraut und Gurkensalat. Unsere Geheimquellen schicken bereits einen Monat vorher die Pakete mit den Nürnbergern“, verrät sie. Bullock ist mit dem Automechaniker und Reality-TV-Star Jesse James verheiratet.

Auch eine andere Frau feierte bei der 82. Verleihung der Oscars in der Nacht zu Montag einen riesigen Erfolg: Für ihren Film "The Hurt Locker" wurde Kathryn Bigelow als erste Frau in der Geschichte der Academy Awards mit dem Regie-Oscar gekürt. Zudem gewann ihr Irakkriegsdrama die begehrte Trophäe als „bester Film". Insgesamt erhielt die 58-Jährige damit sechs Oscars mit ihrem nüchtern-dokumentierenden Werk - unter anderem noch für das beste Original-Drehbuch von Mark Boal.

Hauptkonkurrent war der ebenfalls neunmal nominierte 3D-Science-Fiction „Avatar“ von Bigelows Ex-Mann James Cameron. Einen Oscar bekam der Film bereits in der ersten Hälfte der Gala für die beste Ausstattung, zudem unter anderem noch für die Kameraführung von Mauro Fiore.

Das Rennen zwischen „The Hurt Locker“ und „Avatar“ war das zwischen David und Goliath: „Avatar“ kostete 500 Millionen Dollar und spielte 2,5 Milliarden Dollar ein – er ist der erfolgreichste Film der Geschichte. „The Hurt Locker“ kostete hingegen gerade einmal 15 Millionen Dollar und war an den Kinokassen kein großer Erfolg, doch landete er bei den Kritikern einen Volltreffer.

Eine weitere Oscar-Hoffnung, „Das weiße Band“ von Regisseur Michael Haneke, ging leer aus. Die Trophäe für den „besten nicht-englischsprachigen Film“ holte „El Secreto de Sus Ojos“ aus Argentinien. Der deutsche Beitrag, ein Schwarz-Weiß-Drama über die repressive Gesellschaft kurz vor dem Ersten Weltkrieg, war als Favorit ins Rennen gegangen und hatte zuvor zahlreiche internationale Auszeichnungen gewonnen.

Den Oscar als beste Schauspielerin und bester Schauspieler gewannen Sandra Bullock und Jeff Bridges. Bullock erhielt den Preis für ihre Darstellung einer Mutter in dem Kassenschlager „The Blind Side“. Es war das erste Mal in ihrer langen Karriere, dass die 45-Jährige den Oscar gewann. „Habe ich den Preis wirklich verdient, oder habe ich Euch einfach nur lange genug zermürbt?“, fragte die Schauspielerin scherzhaft ins Publikum.

Der 60-jährige Bridges erhielt die goldenen Statue für seine Rolle als abgehalfterter Country-Sänger in dem Film „Crazy Heart“. Bridges, der bei seiner fünften Nominierung zum ersten Mal gewann, war überwältigt und bedankte sich überschwänglich – erst bei seine Eltern, dann bei seiner Familie und natürlich bei dem Filmteam. Die britische Schauspielerin Kate Winslet überreichte ihm den Oscar. Sie hatte die Trophäe im vergangenen Jahr für ihre Rolle in „Der Vorleser“ gewonnen.

Der Österreicher Christoph Waltz und die Amerikanerin Mo’Nique gewannen die Oscars als beste Nebendarsteller.

Der 53-jährige Waltz erhielt die Auszeichnung für seine Rolle als charmant-zynischer SS-Offizier in Quentin Tarantinos Nazi-Satire „Inglourious Basterds“. Die schwarze Schauspielerin Mo’Nique wurde für die Darstellung einer gewalttätigen Mutter in dem Sozialdrama „Precious“ ausgezeichnet.

Es war der zweite Oscar an diesem Abend für „Precious“. Zuvor war Autor Geoffrey Fletcher bereits für das beste adaptierte Drehbuch geehrt worden; der Film „Precious“ basiert auf dem Roman „Push“ von Sapphire. Die 42-jährige Mo’Nique hielt eine kurze, aber emotionale Dankesrede: „Ich danke der Academy, dass sie gezeigt hat, dass es bei dieser Auszeichnung um die Performance gehen kann, nicht um Politik.“

Auch Waltz zeigte sich sichtlich gerührt: „Dies ist ein Über- Bingo“, sagte er mit tränenerstickter Stimme. „Ich werde mich niemals genug bedanken können. Aber ich kann damit jetzt beginnen“, betonte er in seiner kurzen Dankesrede, nachdem ihm Vorjahresgewinnerin Penélope Cruz die erste Statue des Abends überreicht hatte.

Der Preis für Waltz war der erste, der an diesem Abend vergeben wurde. Waltz setzte sich gegen Hollywood-Veteranen wie Matt Damon (“Invictus“), Woody Harrelson (“The Messenger“), Christopher Plummer (“The Last Station“) und Stanley Tucci (“The Lovely Bones“) durch, die ebenfalls in dieser Kategorie nominiert waren.

Außerdem gab es Oscars für „Up“ (Oben) als bester Animationsfilm, den „Star Trek“-Film für die beste Maske und den besten Original-Song „The Weary Kind“ von Ryan Bringham und T Bone Burnett aus dem Film „Crazy Heart“. Ihren bereits dritten Oscar erhielt die Kostümbildnerin Sandy Powell für „The Young Victoria“.

Regnerisches Wetter mit Blitz und Donner hatte die Ankunft der Gäste zur Oscar-Verleihung im Kodak Theatre von Hollywood begleitet. Der Rote Teppich wurde schon am Sonntagnachmittag sicherheitshalber mit Plastikfolie abgedeckt. Ein Unwetter hatte in Nacht zuvor die Berge in der Nähe von Los Angeles mit Schnee bedeckt. Immer wieder zogen Regenschauer durch die Stadt.

Ein Plastikzelt sorgte dafür, dass die eintreffenden Stars in Hollywood nicht nass wurde. „Es ist ein toller Tag“, sagte Anika Noni Rose, eine Sprecherin in dem Film „The Princess and the Frog“. Weitere Schauspieler, die schon früh kamen, waren die „Precious“-Stars Mo’Nique und Paula Patton, Soul-Sänger Robin Thicke, Anna Kendrick aus dem Film „Up in the Air“ und Ed Asner, der Sprecher in „Up“.