40 Veranstaltungen beschäftigen sich zwei Wochen lang mit verschiedenen Kulturen. Dabei geht es um Aufklärung und Toleranz.
Hamburg. Thalia-Intendant Joachim Lux, seit August im Amt, belebt sein Theater nicht nur durch einen neuen Spielplan und ein neues Ensemble. Er bringt auch ein neues Festival nach Hamburg: Die Lessingtage, mit dem Titel "Um alles in der Welt", die sich mit Themen der kulturellen Identität beschäftigen. Vom 24. Januar bis zum 7. Februar geht es bei mehr als 40 Veranstaltungen um fremde Kulturen, Kosmopolitik, Religion und Weltbürgertum.
"Lessing war ja so etwas wie der Schwiegersohn der Stadt Hamburg", sagte Lux über Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781), der in Hamburg am Nationaltheater als Dramaturg arbeitete und die Hamburgische Dramaturgie entwickelte und der wie kein Zweiter für Aufklärung und Toleranz steht. Nach einem Streit über religiöse Schriften mit dem Hauptpastor Goeze hatte Lessing 1778 ein Publikationsverbot für das Gebiet der Religion bekommen und sein Drama "Nathan der Weise" geschrieben.
Das wird dann auch bei den Lessingtagen in gleich zwei Versionen zu sehen sein, in der Stemann-Inszenierung vom Thalia und einem Gastspiel des Berliner Ensembles, inszeniert von Claus Peymann. Daneben sind Gastspiele des Schauspiels Köln, die "Medea"-Variante "Das goldene Vlies" von Franz Grillparzer (Regie: Karin Beier) des Deutschen Theaters Berlin, "Öl" von Lukas Bärfuss mit Susanne Wolff und Nina Hoss (Regie: Stephan Kimmig) und des Burgtheaters Wien, "Der goldene Drache" von Roland Schimmelpfennig, über ein asiatisches Schnellrestaurant (Regie: der Autor selbst) zu sehen.
Ein aufgehender Star am New Yorker Off-Broadway-Theaterhimmel ist die Koreanerin Young Jean Lee. Ihre Theater Company spielt in "The Shipment" mit afroamerikanischen und rassischen Stereotypen, das Theatre of Israel zeigt mit "Dritte Generation" ein Stück über die Vergangenheitsbewältigung von Israelis, Deutschen und Palästinensern. In der "Langen Nacht der Weltreligionen" wird das Ensemble in einem Marathon aus der Bibel, der Thora und dem Koran lesen. Es gibt soziokulturelle Projekte mit Migranten aus Berlin oder jugendlichen Strafgefangenen aus Hamburg. Lesungen, Stadtführungen, Projekte der Volkshochschule ergänzen das Programm.
70 Prozent des Festivals wurden mit Bordmitteln des Theaters finanziert, 30 Prozent stammen von Sponsoren. "Das Festival soll auch ein Ort der Begegnung sein", sagte Lux. Nach jeder ersten Vorstellung finden Publikumsgespräche im Theater statt.
Insgesamt zeigte sich der Intendant nach den ersten vier Monaten seiner Amtszeit auf der gestrigen Pressekonferenz "sehr zufrieden". "Wir hatten 20 Premieren, haben ein anspruchsvolles Programm, die Zuschauer kommen gern", sagte er. Geschäftsführer Ludwig von Otting ergänzte: "Bis zum Jahresende hatten wir 104 781 Zuschauer, das sind zwar weniger als in der letzten Spielzeit Ulrich Khuons (122 636 Zuschauer), aber deutlich mehr als in dessen erster Spielzeit (78 233 Besucher). "Wir haben also berechtigte Annahmen, optimistisch zu sein, auch wenn wir durch die vielen Premieren unsere Ausgaben überzogen haben. Dies ist aber mit der Behörde besprochen", sagte von Otting.
Mit noch vier Premieren im großen Haus - unter anderem "Woyzeck" und "Große Freiheit Nr. 7" - habe man noch Publikumsrenner im Programm, hieß es. In der Gaußstraße dagegen wird es nach "Der Entertainer" am 27. Februar vorerst keine Premieren mehr geben. Für mehrere Monate wird dort umgebaut.