Ein Drama über die Liaison zwischen Igor Stravinsky und Coco Chanel sorgte ebenso für Begeisterung, wie eine Komödie von Sam Mendes.
Hamburg. „Ich mag Hamburg sehr. Ich weiß, ich muss das sagen, aber es ist wirklich wahr“, so Mads Mikkelsen am Freitagabend im Cinemaxx. Hier gehe es um die Filme, und das sei schließlich das Wichtigste. Hätte es eines Beweises bedurft, dass in Hamburg nicht wie in Berlin, Venedig oder Cannes die Stars im Mittelpunkt stehen, sein Auftritt lieferte ihn. Keine drängelnden Kamerateams am roten Teppich, keine kreischenden Fans, keine Menschentrauben um ihn herum. Der Däne, der spätestens seit seiner Rolle als Bond-Gegenspieler in „Casino Royale“ ein Weltstar ist, war einfach ein gern gesehener Gast – mehr nicht.
Was die Konzentration auf Jan Kounens Liebes- und Künstlerdrama „Coco Chanel & Igor Stravinsky" ermöglichte, das in Hamburg seine Deutschland-Premiere hatte. Ein opulent ausgestatteter Film, der aber nie durch seine faszinierenden Dekors erschlägt, sondern tatsächlich eine packenden Geschichte erzählt: die der bisher wenig bekannten Liaison zwischen dem russischen Komponisten und der französischen Modeschöpferin, die Stravinsky und seine Familie lange finanziell unterstützte. Getragen von zwei Hauptdarstellern (Mikkelsen und Anna Mouglalis) mit Sinn für feine Zwischentöne, ist ein unbedingt sehenswerter Film entstanden, der das Paris der zwanziger Jahre auferstehen lässt. In der abschließenden Frage-Antwort-Runde ließ Produzent Chris Bolzli es sich übrigens nicht nehmen, die zeitliche Nähe zum unlängst auch bei uns gestarteten Film „Coco Chanel“ zu kommentieren. „Wir hatten als erste die Idee, aber in unserer Branche wird viel gestohlen“, so Bolzli. Sorgen, dass das Thema „durch“ sei, mache er sich dennoch nicht. Im Frühjahr starte der Film in Deutschland und sei auch schon in viele andere Länder verkauft.
Keinen Gast, aber eine Videobotschaft gab es anschließend vor dem neuen Sam-Mendes-Film „Away We Go“. Der Regisseur hatte zwar nicht anreisen können, ließ aber wissen, dass er es bedauere, nicht in Hamburg zu sein und hatte dann noch eine Bitte: „Wenn Sie den Film mögen, sagen sie’s weiter. Und wenn nicht – halten sie den Mund…“ Das sorgte für den ersten Lacher des Abends, dem noch viele folgte. Um es vorweg zu nehmen: „Away We Go“, mit kleinen Budget und ohne Stars in den Hauptrollen, ist eine wunderbar warmherzige Komödie und lässt sofort Mendes’ letzten Film, das quälend klischeehafte Drama „Zeiten des Aufruhrs“ vergessen.
Erzählt wird die Geschichte eine 30-plus-Paares, das durch Schwangerschaft plötzlich mit dem Thema Familiengründung konfrontiert ist und seinen Platz im Leben sucht. Um so mehr, als Oma und Opa, die schon als Babysitter eingeplant waren, unversehens beschlossen haben, die nächsten Jahre im mehrere tausend Kilometer entfernten Antwerpen zu verbringen. Also machen Burt (John Krasinski) und Verona (Maya Rudolph) sich auf einen Roadtrip quer durch die USA und Kanada, um eine neue Heimat zu finden.
Mal geht’s dorthin, wo die Hippie-Schwester lebt, mal zum Wohnort der Ex-Chefin oder der Studienkollegen, aber Heimat, das ist woanders…. Ein lebenskluger, sympathischer Film mit großem Dialogwitz, der eines ganz deutlich zeigt: Sam Mendes kann es immer noch – wenn ihm kein großes Hollywood-Studio im Weg steht. Schade, dass einige hundert Plätze im Cinemaxx 1 leer blieben. Diese Komödie hätte ein bis zum letzten Platz gefülltes Haus verdient.