Abendblatt: Sie waren in den 60er Jahren der Trainer der „Flipper“-Delfine. Wo wurden sie gefangen?

Ric O’Barry: Flipper wurde von fünf verschiedenen Delfinen gespielt, ich habe sie selbst in Key Biscaine (Florida) gefangen. Wir sahen uns besonders nach jungen Weibchen um. Die sind im Umgang ein bisschen einfacher. Männchen sind sexuell sehr aktiv, und „Flipper“ sollte doch eine harmlose Familienserie sein.

Abendblatt: Warum sagen Sie, dass Delfine für die Gefangenschaft nicht geeignet sind?

O’Barry: Jedes kleine Schlangenterrarium ist mit Baumstämmen, Steinen, Pflanzen oder einem kleinen Bassin möbliert. Delfine werden in großen Tanks gehalten, in denen es absolut nichts gibt. In Freiheit sind sie den ganzen Tag lang in ihrer Gruppe unterwegs, sie schwimmen täglich etwa 40 Meilen, sie jagen, spielen, erkunden, begleiten Schiffe. Im Delfinarium machen sie ein paar Mal am Tag dämliche Kunststückchen. Ihr primärer Sinn ist das Sonar. Aber in einem Tank oder Betonbecken werden Schallwellen ständig reflektiert. Aus all diesen Gründen ist die Gefangenschaft so viel stressiger für Delfine. Sie haben keine Lust mehr zu fressen, man muss ihnen Beruhigungsmittel und Magenmedikamente geben. Sie ‚parken’ zwischen den Vorstellungen regungslos vor der Wand. Alles Zeichen von Hospitalisierung.

Abendblatt: Ihr ‚Umkehrerlebnis’ hatten Sie, als Cathy, eine der Flipper-Delfindamen, in Ihren Armen gestorben ist?

O’Barry: Sie hatte nicht mehr gefressen und zeigte keinerlei Lebenswillen mehr. Sie hat sich einfach auf den Boden des Bassins sinken lassen und ist nicht mehr zum Atmen aufgestiegen. Sie wollte sterben. Danach habe ich mir geschworen: Ich mache diesen Zirkus nicht mehr mit.

Abendblatt: Und das Delfinschlachten in Taiji ist die Kehrseite der Delfinbegeisterung?

O’Barry: „Flipper“ war der Beginn des Milliardengeschäfts mit Delfinarien. Die meisten Menschen in Mitteleuropa und den USA sehen Delfine ja nicht in Freiheit. Sie freuen sich, wenn die Delfine in Delfinarien zu ihnen kommen. Sie können nicht sehen, wo das Problem für die Delfine in Gefangenschaft ist. Wegen der Maulform der Delfine sieht es immer so aus, als würden sie lachen. Das ist eine der größten Täuschungen der Natur. Die Leute denken, den Delfinen würde ihr Job Spaß machen.

Abendblatt: Glauben Sie, dass der Film etwas ändern wird?

O’Barry: Oh ja, das glaube ich. Denn es geht nicht nur um die Bewusstmachungüber die Gefangenschaft von Wildtieren, sondern auch um die Quecksilberbelastung. Delfine in der Nordsee sind übrigens auch stark belastet.

Abendblatt: Wollen Sie erreichen, dass Delfinarien geschlossen werden?

O’Barry: Ja, die Lösung ist ganz einfach: Kauft keine Tickets mehr. Die Konsumenten wollen keine unglücklichen Tiere. Der Konsument ist im Moment der beste Freund des Delfins.

Interview: Irene Jung