Nachwuchsregisseur Alexander Riemenschneider hat seinen Studienabschluss an der Theaterakademie mit einem dicken „Sehr gut“ bestanden. Seine Inszenierung von Albert Camus‘ schwierigem Drama „Caligula“ bestach durch gedankliche Klarheit, einfache, doch schlagende Bilder und den fabelhaften Protagonisten Thorsten Hierse. Das eingeschüchterte Publikum befreite sich von der Beklemmung durch heftigen Applaus.

Hamburg. Junge Menschen wollen die Welt aus den Angeln heben. Der römische Kaiser Caligula (12 – 41) hatte die Macht dazu, seinen Traum von der Wahrheit gegen die Lüge mit Gewalt durchzusetzen. Er lässt töten, erwürgt die Geliebte, erkennt schließlich seinen Irrtum und inszeniert seine Ermordung. Riemenschneiders Coup: Er macht Hierse zum Regisseur der Inszenierung. Hierse zieht den Partnern das feste Holzpodest unter den Füßen weg. Im Schredder wird es zum gefährlich rutschigen Untergrund. Er malträtiert sie ausführlich und genüßlich mit improvisierten Demütigungsspielchen, dehnt den Psychoterror aufs Publikum aus: Im Licht sitzend, scheint es Caligula ebenfalls schutzlos ausgeliefert zu sein. Hierse, der sensible Charmebolzen, mutiert zum unberechenbaren Despoten. Er rast aber nicht im Wahnsinn, sondern aus heller Verzweiflung an der falschen und verlogenen Existenz. Der „Oliver Twist“ vom Thalia Theater kann hier endlich einmal zeigen, was in ihm wirklich steckt. Er hat einen wunderbar direkten Ton, eine liebenswürdige Bösartigkeit. Dabei entgeht Hierse spielerisch der Gefahr von Manirismen und Pathos, zieht die schillernde Figur souverän an sich und gibt ihr fesselnde Präsenz. Sein Caligula ist ein junger Mann, der gegen die herrschenden Zustände rebelliert. Camus‘ Stück über den (alltäglichen) Faschismus wird zu einer sarkastischen Parabel auf die gegenwärtige Existenzangst: Unter inhumanem Profitterror und diktierten Zwängen buckeln und kuschen die Menschen – anstatt gegen sie aufzumucken.

Noch heute um 21 Uhr, Kampnagelfabrik, Karten zu 12, erm. 8 Euro, T. 27 09 49 49. oder www.kampnagel.de