Robbie Williams: Mehr als 140 000 Menschen besuchten seine Konzerte in Hamburg. Er gibt seinem Publikum genau das, was es braucht - und wird dafür geliebt. Egal, ob er hält, was er verspricht . . .

Hamburg. Als er "Come Undone" singt, muß Robbie Williams für einen Moment eine Eingebung gehabt haben, wer wirklich cool ist. Also zitiert er "Walk On The Wild Side", jenen berühmten Song von Lou Reed. Und schert für einen kurzen Moment aus seiner Art des Entertainments für die Massen aus. Lou Reed würde sich nie an einen Sponsor verkaufen und mit magentafarbenen Hosenträgern rumlaufen, wie Williams es letztes Jahr bei einem Showcase in Berlin getan hat. Lou Reed ist ein etwas unnahbarer Intellektueller, eine Rock-Ikone, die sich meist hinter einer Sonnenbrille verbirgt, eine Inkarnation von Coolness.

Robbie Williams ist das Gegenteil, ein Entertainer, der seinem Publikum gibt, was es verlangt, dem keine Anmache zu schlüpfrig, kein Witz zu flach ist. Der sich gnadenlos bei seinem Publikum anbiedert. Doch genau dafür liebt es ihn. Wenn er sagt: "Ihr seid ein viel besseres Publikum als Dresden", erntet er natürlich Jubel. Genauso wenn er die Fußball-WM lobt und deutsche Spieler wie Lehmann, Klose und Ballack preist. "Es hat nur einer gefehlt: Wenn ich mitgespielt hätte, wäre Deutschland Weltmeister geworden", ruft er den 70 000 auf der Trabrennbahn in Bahrenfeld entgegen und erntet die erwarteten Lacher.

Entertainment bedeutet für Robbie Williams, nicht nur den Sänger zu geben, sondern vor allem den Clown. Er ist ein großes Kind von 32 Jahren, das sich perfekt zu inszenieren weiß und seinen Fans zwei Stunden lang weismachen kann, daß er nur für sie da ist. Er flirtet mit den Mädchen, die sich an den Absperrgittern vor dem Graben drängen, der die Rundbühne von den 70 000 trennt. Er steigt in den Graben hinunter, um Hände zu schütteln und Nähe vorzugaukeln.

Er lädt hübsche weibliche Fans in sein Hotel an der Alster, um sie dann später doch keines Blickes zu würdigen. Denn wenn der letzte Ton verklungen ist und Robbie - wie ihn seine Fans nennen - die Bühne verlassen hat, ist er wieder die Privatperson Robbie Williams, die nicht möchte, daß Fans oder Fotografen ihm zu nahe kommen.

Zum Idol geworden ist der singende Fußball-Fanatiker durch seine Songs. Robbie Williams ist gut beraten, daß er nur fünf Songs von seinem schwächeren letzten Album "Intensive Care" im Repertoire hat und sich lieber auf seine Klassiker verläßt wie "Let Me Entertain You", "Rock DJ", "Feel" oder "Angels". Einen Hänger hat die zweistündige Show lediglich, als er mit seinem Kumpel John Wilkes in Rat-Pack-Manier die Swingnummer "Me And My Shadow" singt. Mit "Back For Good" hat er sogar einen Song seiner früheren Band Take That im Programm, aus der er mit Schimpf und Schande weggejagt worden ist. "Take That sind jetzt meine Freunde", sagt er. Dieser Satz fällt ihm heute leicht, denn er hat es als einziger zum Superstar geschafft.

Als am Sonnabend das zweite Hamburger Konzert vorüber ist, sind mehr als 140 000 Fans zufrieden. Robbie Williams hat sie zwei Stunden lang aus ihrer Welt in seine geholt. Und ihnen Spaß gemacht. Dafür danken sie ihm.