Es war ein bewegtes Jahr 1967, als Soul-Ikone Aretha Franklin mit “Respect“ einen ihrer größten Hits veröffentlichte. Thurgood Marshall wurde im...

Hamburg. Es war ein bewegtes Jahr 1967, als Soul-Ikone Aretha Franklin mit "Respect" einen ihrer größten Hits veröffentlichte. Thurgood Marshall wurde im Oktober 1967 erster afroamerikanischer Richter am Obersten Gerichtshof der USA, der im Juni des Jahres das in 16 Bundesstaaten bestehende Eheverbot zwischen Schwarzen und Weißen aufgehoben hatte. Dennoch wurde ein Kuss zwischen einem Schwarzen und einer Weißen im Theaterstück "The Great White Hope" im Dezember 1967 zum Skandal.

Eigentlich war "Respect" eine feministische Variante eines Otis-Redding-Songs, trotzdem wurde sie auch zu einer Hymne im Kampf gegen die Rassentrennung. Und Aretha Franklin wurde zur "First Lady of Soul". Zusammen mit vielen weiteren afroamerikanischen Stars aus Film, Musik, Kunst und Fernsehen prägte sie die US-Kultur nachhaltig, aber am Ziel wird Franklin (gewann 2008 mit 66 Jahren ihren 21. Grammy) erst heute sein, wenn sie bei der offiziellen Zeremonie zur Amtseinführung von Barack Obama als 44. US-Präsident vor dem Westflügel des Capitols singen wird.

Bereits am Sonntag versammelten sich zahlreiche internationale Künstler vor Hunderttausenden Zuschauern am Lincoln Memorial, um in Anwesenheit der künftigen Präsidentenfamilie eine Zäsur in der Geschichte zu feiern. Die Hauptfarbe und Herkunft von Stars wie Bruce Springsteen, Beyonce, Shakira, Usher, Stevie Wonder, U2 oder Bon Jovi spielten keine Rolle. "We Are One" war der gemeinsame Gedanke, "America The Beautiful" und "This Land Is Your Land", "Pride" und "Higher Ground" waren Songs dieses Konzertevents. Auch die Reden von Samuel L. Jackson, Tom Hanks oder Tiger Woods zwischen den Liedern zeigten den Willen, die Hoffnung der großen US-Stars, sich um Obama auf dem Weg in eine gerechtere Zukunft zu scharen - und Pop-Kultur nach den mageren Bush-Jahren auch im Weißen Haus wieder präsent zu machen. Eine Kulturoffensive, die auf Gegenseitigkeit beruht. Schließlich ist es nicht nur die Freude, die Amerikas populärste Künstler zum Lincoln Memorial trieb, sondern auch Stolz. Barack Obama sehen demnach vor allem die schwarzen US-Kulturträger als Teil ihrer Biografie, ihres Weges nach oben. Amerika ist für sie nicht nur das Land von Hoffnung und Freiheit, sondern auch das Land der Gewinner. Amerika, das nach wenigen Wochen die Unterlegenen der Superbowl-Finals vergisst, liebt den Gewinner mit wahren Werten, der nach harten Mühen triumphiert. Und der größte Gewinner ist - auch für das "weiße" Amerika - ein Präsident, dessen Leben und Wirken diese Geschichte erzählt. Ihre Geschichte. Die Geschichte von Tiger Woods, von Denzel Washington, von Aretha Franklin wird mit Obama neu und noch großformatiger aufgelegt. Nicht umsonst betont Obama diesen Umstand mit der Einbeziehung schwarzer Stars in die Feierlichkeiten.

Bei der Amtseinführung von Barack Obama wird Aretha Franklin nur ein Teil einer Zeremonie rund um den Amtseid sein, die alle Traditionen und Werte Amerikas widerspiegeln will: Die Kapellen der Waffengattungen (Marine Corps, Navy) spielen Märsche und die Hymne, Kinderchöre singen, zwei Priester lesen Messen, ein Kammer-Ensemble spielt neue Kompositionen von John Williams, und die in Harlem geborene Poetin Elizabeth Alexander, eine enge Freundin Obamas, rezitiert ein eigens geschriebenes Gedicht - eine demokratische Tradition aus den Zeiten Kennedys und Clintons.

Dabei: Aretha Franklin, die "First Lady Of Soul" aus der Stadt, die Zeichen für Amerikas aktuelle Krise ist: Detroit. 1967 forderte sie "Respect". Auf diesem Weg wird Amerika hoffentlich kulturell und gesellschaftlich ein gutes Stück weiterkommen mit einem neuen Präsidenten, der die Geschicke der Supermacht lenken wird - nachdem er mit seiner Familie vor dem Denkmal des Sklavenbefreiers Abraham Lincoln zum Soul von Stevie Wonder getanzt hat.