Der Journalisten-Ausbilder und Publizist Wolf Schneider wird heute 85 Jahre alt. Er ließ Generationen von Journalistenschülern schwitzen.
Hamburg. Als Ausbilder hat er sich einen Ruf erarbeitet, um den ihn selbst Attila der Hunnenkönig beneidet hätte. Und wahrscheinlich würde schon dieser Satz eine waffenscheinpflichtige Randbemerkung von Wolf Schneider bekommen, so etwas wie jenes "Mit Verlaub, das ist Scheiße", das sich der spätere RTL-Anchorman Peter Kloeppel einfing. In der Welt der rigoros geschliffenen Sprache, in der Wolf Schneider seit Jahrzehnten an Maßstäbe erinnert, gibt es garantiert nur wenige erste Sätze, die ihre Erstfassung behalten dürfen.
Schneider, der heute seinen 85. Geburtstag feiert, hat Generationen von Journalistenschülern an der Hamburger Henri-Nannen-Schule Blut und Wasser schwitzen lassen, nachdem er genügend Erfahrung gesammelt hatte, um zu wissen, warum er sie so hart rannehmen muss. Sie wollten es doch nicht anders - das sagten augenzwinkernd alle, die das Bootcamp überlebten, in dem Schneider von 1979 bis 1995 das Sagen beim Schreiben hatte. Seine berühmteste Regel: "Qualität kommt von Qual."
Für die "Süddeutsche Zeitung" hat Schneider aus Washington berichtet, er war Chefredakteur der "Welt", Verlagsleiter beim "Stern", Moderator der "NDR Talkshow" - und hatte drum herum immer noch genügend Zeit und Pflichtbewusstsein, um mehr als zwei Dutzend Sachbücher zu schreiben. Weil die meisten dieser Bücher Gebrauchsanweisungen für korrekte Wortfindungsprozesse waren, hatte Schneider schnell den Ehrentitel "Sprachpapst" weg. Den soll er hassen, obwohl die Aura eingebauter Unfehlbarkeit unter viertelgebildeten Journalisten ganz schmeichelhaft sein kann.
Der Apfel grammatikalischer Genauigkeit fällt nicht weit vom dynastischen Stamm (hier wäre für das Metapherngebirge mindestens ein tadelnder Schneider-Blick fällig): Wolf Schneiders Tochter ist nicht nur Journalistin, sondern Textchefin beim "SZ-Magazin".
Vor Kurzem ist ein neues Buch von Schneider erschienen: "Deutsch für junge Profis" (Rowohlt), in dem er der Generation Blog beibringt, dass das Internet kein grammatikbefreiter Raum sein darf, wenn man nicht nur gelesen, sondern auch verstanden werden möchte. "Einer muss sich immer plagen, entweder der Autor oder der Leser", sagt Schneider. Dann stimmt es.