Oststeinbek. Erneut entkommen Unbekannte mit Geld, Geschäfte wurden beschädigt. Liefern sich Täter mit Polizei Verfolgungsjagd auf der A1?
Zwei ohrenbetäubende Explosionen haben in der Nacht zu Montag das Gewerbegebiet in Oststeinbek erschüttert: Unbekannte hatten Scheiben an beiden Eingängen des Ostkreuz Centers eingeschlagen, die beiden Geldautomaten der Sparkasse Holstein und der Hamburger Sparkasse (Haspa) aufgehebelt – und sie dann gesprengt.
Die Polizei wurde um 2.26 Uhr alarmiert. Zumindest eine Geldkassette konnten die Täter erbeuten, wie Carola Jeschke, Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) in Kiel, berichtet. Die Kriminellen flüchteten in unbekannte Richtung. Die sofort eingeleitete Großfahndung mit 25 Streifenwagen blieb bis zum Mittag erfolglos, das LKA ermittelt. Eine Verfolgungsjagd in der Nacht könnte mit der Tat in Zusammenhang stehen.
Geldautomaten-Sprengung: Polizei spricht von organisierter Kriminalität
Das Landeskriminalamt bestätigt, dass die Täter in Oststeinbek Festsprengstoff verwendet haben. Daher sei auch der Kampfmittelräumdienst mit eingeschaltet worden.
„Dass diese Täter zunehmend auf Festsprengstoff zurückgreifen, der die Statik der Gebäude und auch Menschenleben gefährden kann, zeugt von deren Skrupellosigkeit“, sagt Carola Jeschke. Es handele sich um organisierte Kriminalität, die Täter seien in der Regel dazu ausgebildet, blitzschnell zuzuschlagen und ebenso schnell wieder vom Tatort zu verschwinden.
Einkaufscenter in Oststeinbek geschlossen, einige Geschäfte wollen gegen Mittag öffnen
Ob das Gebäude mit Kameras überwacht ist, stand bis Montagmittag noch nicht fest. Daher wusste die Polizei auch noch nicht, wie viele Täter beteiligt waren und mit was für einem Fahrzeug sie auf der Flucht sind. Das Einkaufscenter ist zunächst noch geschlossen, nur vereinzelt tauchen Kunden auf. Um 14 Uhr wollten Kaufland und Media Markt öffnen.
Die vier benachbarten Geschäfte der Automaten, ein Bäcker, ein Friseur, ein Blumenladen und eine Reinigung und Änderungsschneiderei, sind erheblich beschädigt worden. Wann sie öffnen können, ist laut Ostkreuz Center noch ebenso wenig absehbar wie die Höhe der Schadenssumme.
Geldautomaten-Sprenger: Polizei liefert sich Verfolgungsjagd über die A1
Der Tatort befindet sich an der Grenze zu Hamburg und ist unweit von der Autobahn 1 entfernt. Und genau dort kam es in derselben Nacht zu einer Verfolgungsjagd mit der Polizei, die einen verdächtigen Wagen stoppen wollte.
Polizisten hatten am frühen Montagmorgen zunächst versucht, ein Auto auf der Autobahn 1 bei Ahlhorn anzuhalten. Der Fahrer habe sich der Anweisung aber widersetzt und sei geflüchtet. Die Polizei verfolgte das Auto demnach mit mehreren Wagen. Nach rund einer Stunde fuhr der Fluchtwagen laut Polizei auf der Autobahn 29 in Richtung Osnabrück über ein Nagelbrett und kam zum Stehen.
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Die Täter konnten ihre Flucht aber zu Fuß fortsetzen, wie ein Sprecher der Polizei Delmenhorst am Montag mitteilte. Nach ihnen wurde mit zahlreichen Polizisten, Drohnen und einem Polizeihubschrauber gefahndet. Ob es sich um die Täter von Oststeinbek handelt, konnte der Beamte nicht sagen. „Die Vermutung liegt nahe, da die Männer mit Sprengstoffanschlägen in Verbindung gebracht werden.“
Beamte finden Sprengstoff in einem Auto, das sie in der Nacht verfolgen
Im Auto fanden die Beamten zudem Sprengstoff. Dieser sei inzwischen entschärft worden, sagte der Sprecher. Die Polizei geht davon aus, dass es sich bei den zwei oder drei Flüchtenden um Automaten-Sprenger handelt. Die Autobahn musste zeitweise komplett gesperrt werden.
Wie berichtet, hatte die Polizei erst in der vergangenen Woche eine der größten gemeinsamen Fahnungsaktionen zur Bekämpfung von Geldautomaten-Sprengungen im Land organisiert. Sieben Bundesländer beteiligten sich, darunter auch Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Tausende Fahrzeuge und Fahrer wurden kontrolliert.
Geldautomaten-Sprengungen: Haspa nimmt Automaten außer Betrieb
Die Zahl der Sprengungen im Hamburger Umland ist stark angestiegen. Nicht nur die Polizei auch die Banken reagieren. Zuletzt hatte die Hamburger Sparkasse erklärt, acht besonders gefährdete Automaten außer Betrieb zu nehmen. Bei der Standortanalyse spielten demnach insbesondere Fluchtmöglichkeiten von Tätern sowie mögliche Personen- und Sachschäden eine Rolle.
Die Geldautomaten der Sparkasse Holstein sind zum vierten Mal von einer derartigen Tat betroffen. Die Sparkasse hatte als Vorsichtsmaßnahme zuletzt die Zugänge zu ihren Automaten von 23 bis 6 Uhr geschlossen. „Zu den Sicherungsmaßnahmen geben wir grundsätzlich keine Auskunft. Uns ist die Sicherheit unserer Standorte jedoch sehr wichtig – sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Nachbarn an den Standorten“, sagt Björn Lüth, Sprecher der Sparkasse Holstein. Frühzeitig habe man die Standorte analysiert, bewertet und Maßnahmen eingeleitet. Die Sparkasse Holstein hat in Stormarn 26 Standorte, in Bergedorf einen. Unbeantwortet lässt Lüth die Frage, ob erbeutetes Geld nach dem gewaltsamen Aufbrechen einer Geldkassette für die Kriminellen unbrauchbar werde.
Erste vergleichbare Tat in Schleswig-Holstein in diesem Jahr
Weitere vergleichbare Taten gab es in Lübeck-Moisling (10. April 2022, Versuch einer Sprengung sowie am 16. Juni 2022 mit Diebstahl), in Ratekau (Sereetz), Ostholstein, ein Versuch am 11. April. In Dassendorf, Herzogtum Lauenburg, am 29. April 2022 samt Diebstahl. Ein weiterer Versuch in Stapelfeld, Kreis Stormarn, am 18. Juli. Dort brachen die Täter ihr Vorhaben ab, weil der Automat ihren Vorbereitungen standhielt. 29. Juli: Versuch in Hanerau-Hademarschen. Das LKA wertet dies als Versuch von Trittbrettfahrern. Am 23. September 2022 gab es in Lägerdorf eine Sprengung mit Diebstahl. Ebenso am 4. Oktober in Kiel, Stadtteil Mettenhof. Dort wurden gleichzeitig zwei Automaten gesprengt. Im direkt angrenzenden Gebäude befinden sich zahlreiche bewohnte Wohnungen.
Die jüngste Tat war die Sprengung eines Automaten am 14. November an der Möllner Landstraße in Reinbek-Neuschönningstedt. Dort gelangten die Täter nicht an die Beute. Durch die Explosion wurde die darüber liegende Wohnung erheblich beschädigt, glücklicherweise wurde keiner der Anwohner wurde bei der Tat verletzt. In diesem Jahr war es die erste vergleichbare Tat in Schleswig-Holstein, in der Nacht zum 21. Februar ist bereits ein Geldautomat in Boberg gesprengt worden. Insgesamt gab es in Schleswig-Holstein 2022 fünf Sprengungen von Geldautomaten mit versuchten Gelddiebstählen und vier vollendete Diebstähle. „Der Kreis Stormarn ist für diese Taten kein Brennpunkt“, sagt Carola Jeschke, Sprecherin des Landeskriminalamtes.