Hamburg. Die Politik muss gegen Corona-Verstöße durchgreifen – im Sinne der Allgemeinheit. Denn ein zweiter Lockdown muss verhindert werden.
Polizeikontrollen von Winterhude bis nach St. Pauli, eine eilig einberufene Pressekonferenz im Rathaus – deutlicher als an diesem Wochenende kann ein Weckruf an die Bevölkerung kaum sein. Der Senat betont mit Macht, dass ein kritischer Punkt in der Corona-Pandemie nah ist. Nur wollten die Maßnahmen, die Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) verkündete, nicht recht dazu passen. Ja, die Lage ist ernst – trotzdem bleibt fast alles so, wie es ist. Die erweiterte Maskenpflicht beschränkt sich auf wenige Straßen, etwa am Mühlenkamp sogar auf wenige Hausnummern. An der Langen Reihe braucht niemand einen Mundschutz zu tragen, am Steindamm schon.
So weit, so klar? Mitnichten.
Corona: Hamburger setzen die Maske auf
Auch wenn sich vieles derzeit wie ein Déjà-vu aus dem Frühjahr anfühlt, steckt Hamburg mitten in einer neuen und schwierigen Phase der Pandemie. Von Krankenhäusern bis zum Einzelhandel gibt es ausgereifte Hygienekonzepte, trotzdem steigen die Zahlen. Wie viel Strenge bei den Auflagen braucht es, um die Infektionsketten, aber nicht das gesellschaftliche Leben erneut zu kappen? Auch der Senat sucht noch nach einer detaillierten Antwort auf diese Frage. Tatsächlich kommt es aber viel weniger auf die Regeln, als auf das Verhalten der großen Masse der Hamburger an.
Die gute Nachricht lautet dabei: Eine große Mehrheit der Hanseaten hat ein Gespür für die Situation. Es wird nicht mehr applaudiert auf den Balkonen – aber weiterhin Abstand gehalten und die verfluchte Maske aufgesetzt, in der Gastronomie wie im öffentlichen Nahverkehr. Diese Mehrheit dürfte weniger erbost als erleichtert darüber sein, dass nicht nur sie in Restaurants verbindlich einen Atemschutz tragen muss, sondern auch deren Angestellte. Und sie hatte etwa bereits kein Problem mit der Maskenpflicht, bevor der Staat sie einführte.
Corona-Verordnung: Scharfe Kontrolle auf St. Pauli:
Zahl der Corona-Verweigerer nimmt zu
Die schlechte Nachricht lautet, dass sich der Anteil der Verweigerer bereits seit dem Frühjahr kaum verringert hat. Die Beamten von Polizei und Bezirksämtern stehen oft kopfschüttelnd in Shisha-Bars oder Bars und stellen dieselben Regelverstöße wie vor Monaten fest. Sie melden den Behörden auch Fälle von frechem Trotz: einen Kiezclub etwa, der einen Teil der Gäste über den Hinterausgang hinausschleichen lassen will und dem Rest schnell Masken austeilt, sobald die Ordnungshüter in der Tür stehen.
Geschehnisse wie diese sind bitter für Verantwortliche wie den Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) in Mitte, die alles unternehmen, um den Betrieb in krisengeschüttelten Gaststätten am Laufen zu halten. Und sie sind das größte Gift bei dem Versuch, das Infektionsgeschehen zu begrenzen. Zudem ist absehbar, dass auch eine erweiterte Maskenpflicht in bestimmten Straßenabschnitten zu bestimmten Uhrzeiten die Verweigerer nicht belehren wird.
Corona: Hamburg muss hart durchgreifen
Sollten die Fallzahlen nicht sehr bald wieder deutlich fallen, wird der Senat gezwungen sein, härter und großflächiger durchzugreifen. Und es ist nicht nur mit Blick auf die unmittelbare Infektionslage geboten, konsequent zu bleiben. Erstens hat die erhöhte Vorsicht schon im Frühjahr dafür gesorgt, dass Hamburg vergleichsweise gut durch die Krise kam. Zweitens hängt das Verständnis der Hamburger für die Regeln maßgeblich daran, dass sie nachvollziehbar sind und für alle gelten.
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Es ist besser als bei der ersten Welle bekannt, was die Treiber für den Anstieg der Infektionszahlen sind. Und die Bevölkerung ist grundsätzlich bereit, etwa auf ausschweifende private Feiern und den Stadionbesuch noch zu verzichten. Die Politik hat Spielraum, weil das Ziel ein gemeinsames ist. Hart erkämpfte Banalitäten wie einen Saunagang oder den Kinoabend zu verteidigen. Und einen zweiten „Lockdown“ zu verhindern.