Reinfeld. Rund 100 Einsatzkräfte haben mit Hunden und Drohnen in Reinfeld das Vorgehen trainiert, sollte der gefährliche Erreger auftreten.

Diese Tierseuche ist fast immer tödlich und verbreitet sich schnell: Die Afrikanische Schweinepest ist in Deutschland angekommen. Laut Einschätzung des Veterinäramtes ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch in Stormarn die ersten toten Wildschweine mit dem gefährlichen Erreger gefunden werden. Welche Schritte im Ernstfall unternommen werden, ist jetzt erstmals in einem Waldstück bei Reinfeld geprobt worden. Mit Hunden, Drohnen und rund 100 Einsatzkräften.

Stormarner Einsatzkräfte trainieren Vorgehen bei Auftreten der Schweinepest

Es ist Sonnabendmorgen, kurz vor 6 Uhr. Auf einer Wiese hinter dem Forsthaus Bolande hat die mobile Einsatzzentrale des Katastrophenschutzes Stellung bezogen. Nach einer Besprechung brechen Teams mit Gewehren und Hunden auf, durchkämmen das angrenzende Waldgebiet. Sie sind auf der Suche nach Überträgern der Schweinepest. Nach Kadavern aber auch nach lebenden Tieren. Innerhalb des Kerngebietes, also 2,5 Kilometer um den Fundort des ersten Infizierten Tieres herum, würden im Ernstfall alle Wildschweine getötet werden.

Innerhalb weniger tage sind 90 Prozent der Tiere tot

Bei dieser Seuche werden keine Kompromisse gemacht. Denn sie ist gefährlich. Nicht für Menschen, aber für Hausschweine. Innerhalb von zwei bis drei Tagen sind 90 Prozent der infizierten Tiere tot. Sie bekommen Fieber, werden fahrig und sterben. Auch noch danach sind die Kadaver hochinfektiös. „Der Erreger ist im Blut. So können sich andere Tiere anstecken“, sagt Amtstierarzt Christoph Heilkenbrinker.

Eine Übertragung auf den Menschen ist nicht möglich

Eine Übertragung auf den Menschen sei nicht möglich. Andere Schweine können sich aber nicht nur bei direktem Kontakt infizieren. Das macht das Virus so gefährlich. Es überlebt auch in Schlacht- und Speiseabfällen und kann durch Nagetiere, verunreinigtes Futter, Kleidung oder sogar Trinkwasser in Schweineställe gelangen. Das ist keineswegs nur Theorie.

Erreger könnte Milliardenschäden in der Landwirtschaft verursachen

Ein erster Fall der Tierseuche war in Deutschland im September 2020 bei einem Wildschwein im Landkreis Spree-Neiße bekannt geworden. Weitere Fälle in Brandenburg und Sachsen folgten. Im Juli 2021 wurde die Afrikanische Schweinepest (ASP) erstmals in einem Schweinemastbetrieb in Brandenburg amtlich festgestellt. Der Erreger hat das Potenzial, Milliardenschäden zu verursachen. Denn ist eines erst mal infiziert, müssen alle Schweine im Betrieb gekeult werden.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Seuche in Stormarn auftritt

Torben Klöhn (l.) und Timo Manke, beide Veterinäramt, koordinieren die Suche in der mobilen Einsatzzentrale.
Torben Klöhn (l.) und Timo Manke, beide Veterinäramt, koordinieren die Suche in der mobilen Einsatzzentrale. © Finn Fischer | Finn Fischer

Die Schweinepest ist zuerst in Afrika nachgewiesen worden, daher der Name. Von dort aus verbreitete sich die Seuche bis nach Europa. Die ersten Fälle traten in Georgien auf. „Seitdem kommt sie immer näher und es ist wohl mittlerweile nicht mehr die Frage, ob sie auch zu uns kommt, sondern wann“, sagt Torben Klöhn vom Stormarner Veterinäramt.

Bei der Übung geht es um die Suche und Bergung verendeter Tiere

Und dann will der Kreis Stormarn nicht unvorbereitet sein. Der Schwerpunkt der Übung in dem Forst bei Reinfeld lag in der Suche und der anschließenden Bergung der mutmaßlich infizierten Tiere. „Wir haben dafür mehrere Kadaver versteckt“, so Klöhn. Dabei habe es sich um tote, nicht infizierte Schweine gehandelt. Das Areal wurde in mehrere Suchgebiete unterteilt, die dann systematisch durchkämmt wurden.

Auch eine Wärmebildkamera ist im Ernstfall im Einsatz

Tatsächlich entdeckten die Hunde nicht nur alle platzierten Kadaver, sondern auch einen weiteren. Neben den Suchhunden wurde auch der Einsatz einer Drohne mit Wärmebildkamera getestet. Damit können aus der Luft auch unzugängliche Gebiete abgesucht werden. „Dafür haben wir mit einer Wärmflasche das Wärmebild eines kürzlich verendeten Tieres simuliert und auch das hat geklappt“, berichtet Torben Klöhn zufrieden. Jeder Fund wurde per GPS markiert und an die Einsatzzentrale übermittelt. So würde das auch im Ernstfall ablaufen.

Die Kreise Stormarn, Segeberg und Lauenburg haben sich zusammengetan

Anschließend machen sich bereitstehende Bergungsteams auf den Weg, entnehmen die Proben und transportieren das tote Tier ab – immer unter Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen. Um die Schweinepest im Ernstfall effektiv bekämpfen zu können, haben sich die drei Landkreise Stormarn, Segeberg und Herzogtum Lauenburg zusammengetan und gemeinsam eine ASP-Hundestaffel aufgebaut.

Die Hunde werden speziell für die Kadaversuche ausgebildet

Frank Brinker, Chef des Stormarner Veterinäramtes, zeigt das Kerngebiet um den Fundort.
Frank Brinker, Chef des Stormarner Veterinäramtes, zeigt das Kerngebiet um den Fundort. © Finn Fischer | Finn Fischer

„Die Hunde sind genau für diesen Zweck ausgebildet. Sie finden sowohl Kadaver als auch Tiere, die gerade verenden“, sagt Jäger und Hundeführer Heiko Richter von der Kadaversuchgruppe des Kreises Segeberg. Was für die Hunde nur ein Spiel ist, kann Viehbetriebe vor einem enormen wirtschaftlichen Schaden bewahren. „Ich wünsche mir natürlich, dass das hier bei einer Trockenübung bleibt“, sagt Dietrich Pritschau.

Bauernverband blickt mit Sorge auf Schweinepest

Der Vize-Präsident der Bauernverband Schleswig-Holstein begleitete die Übung und überreichte der Hundestaffel anschließend einen Scheck in Höhe von 1111 Euro. „Natürlich bereitet uns die Schweinepest große Sorgen und deswegen sind wir extrem dankbar für diesen ehrenamtlichen Einsatz“, so Dietrich Pritschau.

Im Ernstfall wird im 2,5-Kilometer-Radius um die Fundstelle ein Zaun gebaut

Nicht nur ehrenamtlich wird einiges unternommen, um die Ausbreitung einzudämmen. Denn was am Sonnabend in Reinfeld geprobt wurde, ist nur ein kleiner Teil dessen, was bei einem Ausbruch passiert, wie Frank Brinker, Chef des Stormarner Veterinäramts, sagt: „Das Protokoll sieht vor, dass in einem 2,5-Kilometer-Radius um die Fundstelle herum ein Zaun gebaut wird.“ Das ist eine knapp 16 Kilometer lange Barriere, die innerhalb weniger Tage von den Landesforsten Schleswig-Holstein errichtet werden muss. Frank Brinker sagt: „Wie man sieht, ist die Bekämpfung sehr aufwendig.“