Glinde. Glinde kann verfallendes Kulturdenkmal kaufen. Politiker sind uneins, weil Sanierung der Suck’schen Kate sehr teuer würde.
Jetzt kann Glinde zugreifen und die Suck’sche Kate, ein reetgedecktes Haus an der Dorfstraße im Zentrum, das Kulturdenkmal ist, vor dem Verfall retten. Nach Information dieser Redaktion ist der Eigentümer bereit, die Immobilie an die Stadt zu veräußern. Er fordert 550.000 Euro. Ob die Politik das Geld bewilligt, ist jedoch ungewiss. Entscheidungsträgern sind die Folgekosten zu hoch. Sie belaufen sich auf ein Mehrfaches des Kaufpreises, denn das Gebäude muss aufwendig saniert werden.
Wie berichtet, hatten die Parteien Bürgermeister Rainhard Zug vor Langem in die Spur geschickt, um mit dem Eigner Verhandlungen zu führen. Der Verwaltungschef will sich zum aktuellen Stand nicht äußern, sagt lediglich: „Die Fraktionen sind uneins, was sie tun wollen.“ Ein Geschäftsmann aus Hamburg-Bergedorf hatte das Gebäude 2012 erworben, wollte es auf Vordermann bringen und selbst einziehen. Dem Versprechen kam er nicht nach, lässt das 1855 erstellte Haus stattdessen verkommen. Die Stadt hatte seinerzeit ein Vorkaufsrecht, machte davon aber keinen Gebrauch. Im Nachhinein war das ein Fehler. Man hätte sich viel Ärger ersparen können.
Scheiben von Fenstern und Tür sind eingeschlagen
Die Kate ist ein Wahrzeichen der Stadt. In ihr lebte einst der Schuhmacher Johannes-Hinrich Suck, der 28 Jahre Gemeindevorsteher gewesen ist. Inzwischen gibt das Areal ein trauriges Bild ab. Der Garten ist verwildert, neben dem Gebäude ist ein grüner Container aufgestellt. Scheiben von Fenstern und Tür sind eingeschlagen. Das Mauerwerk ist beschädigt, drinnen sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Dass die Grünen eine Unterschriftensammlung und Demonstrationen für den Erhalt initiierten, ließ den Eigner kalt. Er ignorierte auch Einladungen zu Bauausschusssitzungen, zog den Zorn der Politiker immer mehr auf sich. Die Angelegenheit gipfelte in Diskussionen um ein Enteignungsverfahren. Eine Expertin fertigte ein Gutachten, um Glindes Erfolgsaussichten auszuloten. Weil diese gering sind, wurde das Thema nicht weiterverfolgt.
Die Denkmalschutzbehörde kann nicht viel ausrichten. Sie verhängte zwar ein Zwangsgeld, weil der Eigner auf Nachbesserungsforderungen des Kreises nicht einging. Wenn es für ihn aber wirklich brenzlig wurde, machte er das Nötigste. Zum Beispiel 2016, als Stützbalken angebracht wurden, damit das Haus nicht zusammenbricht. Somit war die Standsicherheit gewährleistet. Das war die Auflage.
Dass der Bauunternehmer sich 2017 eine Baugenehmigung für die Sanierung holte, ohne im Anschluss tätig zu werden, wirft ebenfalls ein schlechtes Licht auf ihn. Es ist verständlich, dass die Politik die Bemühungen um einen Erwerb forcierte. Das Volumen der Sanierungskosten hat manch einen Entscheider allerdings wohl doch überrascht.
Steuerberater hat kein Interesse mehr an dem Grundstück
Über konkrete Zahlen soll Bürgermeister Zug im nicht öffentlichen Teil des jüngsten Hauptausschusses gesprochen haben. Fraktionsspitzen der Parteien halten sich auf Anfrage bedeckt, wollen das nicht bestätigen, sondern nur allgemein über die Situation reden. Dem Vernehmen nach präferiert der Verwaltungschef, die 550.000 Euro im Haushalt 2022 mit einem Sperrvermerk zu verankern. Damit können sich viele offenbar noch nicht anfreunden. „Wir würden die Kate nicht zu jedem Preis kaufen“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Kopsch. Seine Bedingung: „Glinde braucht ein langfristiges Nutzungskonzept, was Geld einbringt.“ Diesbezüglich finde er Ideen der Bürgerinitiative gut.
Diese möchte einen Erwerb durch die Stadt, wünscht sich dort eine Begegnungsstätte samt Café. Ein Mitbegründer ist Grünen-Politiker Jan Schwartz, zugleich Vorsitzender des Hauptausschusses. Zu Beratungen im Gremium will auch er sich nicht äußern. In seiner Funktion als Initiativensprecher sagt Schwartz: „Wir sollten versuchen, eine Stiftung einzubinden und Sponsoren zu gewinnen.“ Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marlies Kröpke regt eine Bürgerbeteiligung an. CDU-Fraktionschef Rainer Neumann sagt über die Haltung seiner Partei: „Wir haben intensiv über die Kate diskutiert, es war sehr kontrovers.“ Soll heißen: Es gibt auch Christdemokraten, die der Meinung sind, man solle die Finger von dem Projekt lassen.
Im Sommer dieses Jahres hatte auch ein ortsansässiger Steuerberater Interesse an der Immobilie. Er wollte das 2500 Quadratmeter große Grundstück erwerben, auf dem hinteren Teil ein Haus bauen und als Gegenleistung für den neuen B-Plan der Stadt die Suck’sche Kate schenken. Inzwischen ist der Mann von dem Vorhaben abgerückt.