Barsbüttel. CDU hatte Wolfgang Böckmann wegen Verstoßes gegen Fraktionsdisziplin kaltgestellt. Wie sich der 72-Jährige seine Zukunft vorstellt.

Wolfgang Böckmann ist an diesem Morgen tiefenentspannt und bestens gelaunt. Nach dem Frühstück liest er das Hamburger Abendblatt, schaltet später den Fernseher ein und schaut eine Serie. Sitzungsunterlagen zwecks Abstimmung in Barsbütteler Gremien muss der 72-Jährige gezwungenermaßen seit Längerem nicht mehr studieren. Jetzt hat er endgültig mit einem Kapitel abgeschlossen und den ganzen Ärger hinter sich gelassen, ist zum Jahreswechsel aus der CDU ausgetreten. Wie berichtet, wurde das frühere politische Schwergewicht vor 15 Monaten aus der Fraktion verbannt und somit kaltgestellt. Die Partei zu verlassen war seinerzeit noch kein Thema. Womöglich macht der Rentner noch einmal einen Neuanfang in Sachen ehrenamtliches Engagement.

Er will nicht nachtreten, bekundet Böckmann. Dass ihn der Ausschluss verletzt hat, kann der Senior jedoch nicht verbergen. Er ist einer, der klare Kante zeigt, sich nicht verbiegen lässt. Deswegen verwundert auch diese Aussage nicht: „Mit solchen Leuten, die einen rausekeln, wenn man sich für Tierschutz und Kinder einsetzt, will ich nichts mehr zu tun haben.“ Natürlich richtet sich dieser Satz an Christdemokraten. Namen nennt er nicht.

Enthaltung bei Abstimmung sorgte für den großen Knall

Rückblick: Im Planungsausschuss am 22. Oktober 2020 steht das Votum über die Anschaffung eines Mäh-Roboters für den Rasenplatz auf der Sportanlage am Soltausredder an. Einen entsprechenden Antrag hatten CDU und Grüne gestellt. Böckmann enthält sich, das Vorhaben scheitert. Das wäre auch der Fall gewesen, wenn er zugestimmt hätte. Es kommt zum großen Knall. Henri Schmidt, Fraktionsvorsitzender der CDU, sieht in dem Verhalten einen Verstoß gegen die Fraktionsdisziplin und initiiert eine Umbesetzung im Planungsausschuss, informiert Böckmann darüber per E-Mail.

Hermann Hanser, SPD-Fraktionsvorsitzender, sagt: „Wenn Herr Böckmann Interesse an einer Mitarbeit hat, würde ich meiner Partei vorschlagen, ihn einzuladen.“
Hermann Hanser, SPD-Fraktionsvorsitzender, sagt: „Wenn Herr Böckmann Interesse an einer Mitarbeit hat, würde ich meiner Partei vorschlagen, ihn einzuladen.“ © Unbekannt | privat

Der gibt an, seinem Gewissen gefolgt zu sein. Durch einen Mäh-Roboter sind seiner Ansicht nach Kinder und Tiere gefährdet. Böckmann akzeptiert den Rausschmiss nicht, schreibt erst an den Kreisvorsitzenden Tobias Koch und später an den CDU-Landeschef Daniel Günther. Beide fühlen sich nicht zuständig. Dann schaltet er die Kommunalaufsicht ein. Die hat an dem Prozess der sogenannten Abberufung nichts auszusetzen.

Schmidt wirft Böckmann mehrere Fehlverhalten vor, die Mäh-Roboter-Angelegenheit hat für ihn das Fass aber zum Überlaufen gebracht. Über dessen jüngsten Schritt sagt der Fraktionschef: „Ich finde jeden Austritt schade. Wolfgang Böckmann hat uns mit Inhalten bereichert.“ Unstimmigkeiten gab es auch schon nach der Kommunalwahl 2018. Damals verkrachte sich Böckmann mit dem Ortsvorsitzenden Volkmar Dietel. Dank der Vermittlung des CDU-Landtagsabgeordneten Lukas Kilian wurde ein Burgfrieden geschlossen.

Für Böckmann ist es nicht der erste Parteiaustritt. In den 70er-Jahren wurde er SPD-Mitglied, verabschiedete sich von den Sozialdemokraten 2001 wegen Meinungsverschiedenheiten und schloss sich 2003 der CDU an. Er war Ortsvorsitzender der Christdemokraten und stellvertretender Bürgermeister. Wenn der Verwaltungschef im Urlaub war, vertrat ihn Böckmann im Rathaus und ließ sich dafür von seinem Arbeitgeber freistellen.

Auch Bürgermeister Thomas Schreitmüller beendete CDU-Mitgliedschaft

Inzwischen bastelt der Rentner wieder mehr in seiner Freizeit, liest Bücher. Vor der Bundestagswahl habe ihn eine Partei aus Hamburg angesprochen mit dem Ziel einer Einbindung, erzählt der Barsbütteler. Böckmann lehnte ab. „Wenn ich noch einmal Politik mache, dann sollte das schon hier im Ort sein.“ Er könne sich auch ein Engagement fernab von Parteien vorstellen. „Ich bin zum Beispiel mit dem Leiter der Horner Geschichtswerkstatt befreundet.“ In dem Hamburger Stadtteil wurde Böckmann geboren.

Welche Chancen hätte er, in Barsbütteler Parteien ein gewichtiges Wort mitzureden? Nach der vergangenen Kommunalwahl liebäugelte Böckmann bereits mit einer Rückkehr zur SPD. Deren Fraktionschef Hermann Hanser sagt: „Es gab damals Bedenken, ob die Zusammenarbeit harmonisch verläuft. Wenn Herr Böckmann Interesse hat, würde ich meiner Partei vorschlagen, ihn einzuladen. Jeder, der mitmachen will, ist grundsätzlich willkommen.“ Die Grünen-Fraktionschefin Angela Tsagkalidis: „Im Moment sind alle Ämter bei uns exzellent besetzt. Wir sprechen aber mit jedem, der bei uns einsteigen will. Und dann muss man gucken, ob es passt.“

Mit Wolfgang Böckmann hat die CDU ein weiteres über die Grenzen Barsbüttels bekanntes Mitglied verloren. Im Oktober 2015 trat Bürgermeister Thomas Schreitmüller bei den Christdemokraten aus – während der Gemeindevertretersitzung nach einem Streit um die Rathaus-Sanierung. Der Verwaltungschef legte damals Volkmar Dietel einen Zettel mit der Austrittserklärung auf den Tisch.