Barsbüttel. Der Parteiaustritt von Bürgermeister Schreitmüller, Befürworter von Rathaussanierung, nach Streit beschäftigt Kommunalpolitiker.
Er ist dann mal weg. Seit Montag befindet sich Thomas Schreitmüller für zwei Wochen im Urlaub. Den hatte Barsbüttels Bürgermeister schon lange geplant. Wo genau er Erholung sucht, wissen die Mitarbeiter nicht. Nur so viel ist ihnen bekannt: Er sei irgendwo in Deutschland, aber auf jeden Fall nicht zu Hause, heißt es aus dem Rathaus. Auf seinem Handy läuft die Mailbox, einen Anruf der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn beantwortet er nicht. Genauso wenig eine SMS. Der 47-Jährige will offenbar Ruhe haben und Abstand gewinnen.
Sein Austritt aus der CDU während der Gemeindevertretersitzung am vergangenen Donnerstagabend nach einem Streit um die Rathaus-Sanierung (wir berichteten) ist noch immer das Thema unter den Kommunalpolitikern. „Ein bedauerlicher Eklat“, sagt Volkmar Dietel, Vorsitzender der Christdemokraten.
Er traf sich am gestrigen Montagvormittag unter anderem mit SPD-Fraktionschef Hermann Hanser, um über die Geschehnisse zu sprechen. Bei dem einstündigen Zusammenkommen im Verwaltungsgebäude waren sechs Vertreter von Christ- und Sozialdemokraten dabei. „Die Sache wird nicht Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen unseren Parteien“, sagt Hanser. Schreitmüller habe sich damit keinen Gefallen getan. „Einige finden es lächerlich, und die CDU nimmt ihm das übel.“
Bürger entscheiden am 29. November, ob das Rathaus saniert wird
Streitpunkt ist die Zukunft des Rathauses am Stiefenhoferplatz. Schreitmüller ist Befürworter einer Sanierung des 40 Jahren alten und maroden Gebäudes, CDU und SPD streben einen Neubau an, der mindestens sechs Millionen Euro kostet. Dagegen hatte die Bürgerinitiative Ortsmitte mobil gemacht und mit Erfolg ein Bürgerbegehren initiiert. Sie fordert eine Sanierung für 2,5 Millionen Euro. Das wünschen sich auch die Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB), Grüne, FDP und die fraktionslose Gemeindevertreterin Hedwig Wieczorreck. Am 29. November entscheidet die Bevölkerung im Rahmen eines Bürgerentscheids, ob das Projekt Neubau vorangetrieben oder das alte Haus wieder auf Vordermann gebracht wird.
Mit den Wahlunterlagen verschickt Barsbüttel zugleich eine Stellungnahme der Gemeindevertretung, die von CDU und SPD – sie haben in dem Gremium eine Mehrheit – entworfen wurde. Dort heißt es: „Damit der Bürgermeister diese Schritte umsetzen kann, ist ein klares Nein beim Bürgerentscheid erforderlich.“ Schreitmüller bat darum, das Wort „Bürgermeister“ durch „Verwaltung“ oder „Gemeinde“ zu ersetzen. Das lehnten Christ- und Sozialdemokraten ab. Daraufhin stand Schreitmüller auf, ging zu Dietel und legte ihm einen Zettel mit der Austrittserklärung auf den Tisch. Dem Bürgermeister war die Stellungnahme übrigens erst kurz vor der Sitzung als Tischvorlage gereicht worden. Er hatte also keine Möglichkeit, sein Anliegen im Vorfeld in kleiner Runde mit den Fraktionsvorsitzenden zu besprechen und sie zu überzeugen.
„Die Formulierung ist korrekt“, sagt Dietel. „Bei uns heißt es überall ,der Bürgermeister’.“ Schreitmüller habe immer gesagt, die Politik müsse entscheiden und er führe aus. Der CDU-Vorsitzende begreife nicht, weshalb der Verwaltungschef so auf dem Begriff herumgeritten sei. „Ich verstehe jedenfalls die Welt nicht mehr.“ Wenn der Bürgermeister in zwei Wochen aus dem Urlaub zurück ist, will Dietel ein zeitnahes Gespräch. „Um die Sache in Ruhe zu analysieren“, sagt er. Die Zusammenarbeit mit Schreitmüller in der Vergangenheit sei im Großen und Ganzen gut gewesen. Dietel: „Ich möchte weiter sachlich mit ihm zusammenarbeiten.“
Auf ihrer jüngsten Jahreshauptversammlung hatte die Partei den Verwaltungschef noch für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Auch an den Fraktionssitzungen nahm er regelmäßig teil. Dietel sagt, Schreitmüller habe einen Rathaus-Neubau im Frühjahr dieses Jahres erst in die politische Diskussion gebracht. „Aber als es in Richtung Bürgerbegehren ging, konnte er sich dafür nicht mehr begeistern. Da bin ich vom Glauben abgekommen.“
BfB-Politiker Eickenrodt: Vorgang wird für CDU und SPD zum Rohrkrepierer
Barsbüttels Bürgervorsteher Friedrich-Wilhelm Tehge (CDU) bezeichnet das Verhalten des Bürgermeisters „als sehr unglücklich“. Er pflege mit ihm ein freundschaftliches Verhältnis. Am vergangenen Freitag haben die beiden noch miteinander telefoniert. Tehge: „Ich habe ihn gebeten, die Sache zu überdenken.“
War der Parteiaustritt eine Kurzschluss-Reaktion? Dem will BfB-Fraktionschef Rainer Eickenrodt keinen Glauben schenken. „Ich vermute nicht, dass es eine spontane Entscheidung wegen des einen Wortes gewesen ist, sondern vielmehr der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.“ Der Politiker denkt, dass Schreitmüller in den Augen der Bürger jetzt sogar gestärkt sei. „Für CDU und SPD wird dieser Vorgang noch zum Rohrkrepierer.“ Eickenrodt geht davon aus, dass die Bürger für eine Sanierung des Rathauses votieren. Damit hätte die Verwaltung keine Chance mehr, nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung einen Kosten-, Finanzierungs- und Durchführungsplan für einen Neubau vorzulegen. Das war der Auftrag der Gemeindevertretung mit der Stimmenmehrheit von Christ- und Sozialdemokraten und sollte Grundlage der Entscheidung sein.
Die beiden Parteien hatten schon vor fünf Jahren einen Abriss des Verwaltungsgebäudes am Stiefenhoferplatz in Erwägung gezogen und einen Neubau Am Akku anvisiert. Der Umzug scheiterte jedoch 2011 an einem Bürgerentscheid, dem ein Bürgerbegehren vorausgegangen war. Die Initiatoren waren wie jetzt Margarete Hoffmann und Wulf Jütting, zwei ehemalige Gemeindevertreter.