Bad Oldesloe. Nach der Absage des Hamburger Radrennens ist eine Rückkehr der Langstrecken im August 2022 in den Kreis Stormarn eine Option.

Hunderte Stormarner Rennradfahrer müssen nach der Absage der Hamburger Cyclassics zum zweiten Mal in Folge auf ihr Sportspektakel „vor der Haustür“ verzichten. Die Vorfreude auf Europas größtes Jedermann-Radrennen ist vielerorts Enttäuschung gewichen. Nach den Ausfällen wegen der Corona-Pandemie im Sommer 2020 und in diesem Monat soll das Jubiläumsrennen – es ist das 25. – jetzt am 21. August 2022 nachgeholt werden.

Im wohl größten Stormarner Team, der 50-köpfigen Gruppe von der Sparkasse Holstein, ist die Bandbreite der Reaktionen groß. „Am Tag der endgültigen Cyclassics-Absage ist unser WhatsApp-Kanal förmlich übergelaufen“, sagt Teamkapitän Oliver Ruddigkeit, Leiter der Sparkassenfilialen Tangstedt und Norderstedt-Nord.

Corona-Zeiten lassen Interesse am Radsport stark steigen

Die Skeptiker, die nach dem Nein zu anderen Großveranstaltungen nicht mit einem Start gerechnet hatten, sahen sich bestätigt. „Das Nein ist schade, hat sich aber abgezeichnet“, sagt Ruddigkeit, der selbst „eine kleine Hoffnung“ gehabt habe. Die Veranstalter hatten zuerst nur den langen 160-Kilometer-Kurs gestrichen und zugleich angekündigt, die Strecken über 60 und 100 Kilometer „in Kürze“ bekannt zu geben.

„Radsport ist halt kein Fußball“, kommentierten andere die Nachricht. Offensichtlich werde mit zweierlei Maß gemessen, wenn eine Veranstaltung mit gut 10.000 Radfahrern nicht möglich sei, aber bei Fußballspielen bis zu 25.000 Zuschauer erlaubt sind.

Boom führt zu Wartezeiten bei Neukauf und Wartung

Der guten Stimmung in der Sparkassen-Truppe – außer Mitarbeitern sind Familienangehörige, Freunde und Kunden dabei – tue das Cyclassics-Aus allerdings keinen Abbruch. War lange Zeit nur Einzel- oder Zweiertraining möglich, treffen sich inzwischen wieder größere Gruppen zu Ausfahrten. Immer mittwochs geht es von der Oldesloer Zentrale aus für 60 bis 80 Kilometer in die Umgebung, beispielsweise in die Zarpener Berge.

Ohnehin ist das Interesse am Radsport in Corona-Zeiten stark gestiegen. „Wir haben gerade wieder fünf Starter hinzubekommen“, sagt Oliver Ruddigkeit. Immer mehr Frauen entdeckten den Ausdauersport. Auf der anderen Seite führt der Andrang dazu, dass die Händler und Werkstätten äußerst viel zu tun haben: Auf neue Räder, Ersatzteile oder Reparaturen müsse man schon mal Wochen oder gar Monate warten.

Spektrum reicht vom Anfänger bis zum ambitionierten Freizeitfahrer

Die Idee, mit einem eigenen Sparkassen-Team bei den Cyclassics zu starten, entstand, nachdem die Strecke 2018 zum ersten Mal durch den Kreis Stormarn und damit auch an etlichen Filialen vorbeiführte. Vor dem Rennen 2019 folgte ein Social-Media-Aufruf, durch den sich etliche weitere Interessenten meldeten. Und so starteten wenig später tatsächlich 50 Sportler in den schwarz-roten Trikots des Geldinstituts – nicht ahnend, dass es bisher der einzige Cyclassics-Auftritt blieb.

Das Spektrum reicht vom Anfänger bis zum ambitionierten Freizeitfahrer. Ebenso weit gefächert ist die Altersspanne von Anfang 20 bis Ende 60. Zu den Späteinsteigern zählt Burkhard Hanisch (60), Leiter des Sparkassen-Gebäudemanagements. Wenn möglich, reist er mit Sohn Jesse-Matti (22) extra aus Oldenburg/Holstein zu den Trainingsfahrten.

Der Kantinenchef fuhr mehr als 10.000 Kilometer in einem Jahr

Unangefochtener Vielfahrer ist Michael Schmidt, Leiter der Sparkassenkantine in Bad Oldesloe und Caterer bei Firmenveranstaltungen. Im Corona-Jahr 2020 legte er mehr als 10.000 Kilometer im Fahrradsattel zurück. Zum Vergleich: Bei der Tour de France kommen die Profis auf rund 3400 Kilometer.

Für Abwechslung sorgen jetzt kleinere Veranstaltungen wie Radtourenfahrten (RTF). So waren bei der Ostholstein-Rundfahrt am vergangenen Sonntag 250 Teilnehmer erlaubt, die 55 bis 158 Kilometer zurücklegten. Auch die Cyclassics sollen nicht sang- und klanglos vorübergehen. „Wir überlegen, für den Starttag eine interne Rundfahrt zu organisieren“, sagt Oliver Ruddigkeit.

Ahrensburg, Großhansdorf und Glinde könnten wieder Streckenorte sein

Nächstes Jahr könnten die Stormarner Starter durchaus wieder durch heimische Orte wie Ahrensburg, Großhansdorf, Lütjensee, Trittau, Reinbek und Glinde strampeln. Wegen der vermeintlich einfacheren Erfüllung von Corona-Auflagen hatte sich der Veranstalter Ironman Germany diesmal auf den Kurs im Westen von Hamburg und im Kreis Pinneberg konzentriert.

Die Rückkehr der Rundkurse über 100 und 160 Kilometer in den Kreis Stormarn und den Sachsenwald (Kreis Herzogtum Lauenburg) ist eine realistische Option. Die verantwortlichen Behörden haben nach den Erfahrungen aus zwei erfolgreichen Veranstaltungen Unterstützung zugesagt, sollte Ironman erneut anfragen. Und Renndirektor Hendrik Heinz lobte zuletzt nicht nur die gute Zusammenarbeit, sondern auch das immense Interesse von Tausenden Zuschauern an den Straßen.

Teilnehmer bemängeln die Kommunikation des Veranstalters

Doch zunächst sieht sich Ironman Germany mit teils heftiger Kritik konfrontiert. Auf der Cyclassics-Facebookseite äußern etliche Radsportler zwar Verständnis für die Absage, nicht aber für deren Termin zweieinhalb Wochen vor dem Rennen und eine über Monate mangelhafte Kommunikation. Zudem sei unverständlicherweise bis zuletzt Werbung für weitere Anmeldungen gemacht worden. Teilnehmer blieben nun auf Reise- und Hotelkosten sitzen.

Die Startplätze werden automatisch aufs kommende Jahr verschoben. Etliche Kommentatoren kündigen allerdings an, ihre Gebühren von 80 bis 100 Euro zurückzufordern.