Hamburg. Hamburg darf nicht länger wegschauen. Der Reichtum der Stadt beruht auch auf dem Expansionsdrang der sogenannten Gründerzeit.
Es hat sehr lange gedauert, bis die Nachkommen der Herero und Nama, die im damaligen Deutsch-Südwestafrika Opfer des ersten Genozids des 20. Jahrhunderts wurden, hierzulande eine Stimme bekamen. Der Senat empfing 2018 eine Delegation der Menschen aus dem heutigen Namibia, und Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) bat im Namen der Stadt um Vergebung für die kolonialen Verbrechen, an denen Hamburg nicht nur über seinen Hafen fraglos maßgeblich beteiligt war.
Dass der Reichtum der Stadt auch auf dem Expansionsdrang des Deutschen Reiches der sogenannten Gründerzeit beruht, gehört zu den wenig erfreulichen Kapiteln ihrer Geschichte. Viel geredet wurde darüber nie – öffentlich schon gar nicht. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Senat und Bürgerschaft 2014 einen Prozess der Aufarbeitung dieses schwierigen kolonialen Erbes eingeleitet haben. Der Anspruch einer Dekolonisierung Hamburgs, der in diesem Zusammenhang von zivilgesellschaftlichen Gruppen formuliert wird, mag recht weit gegriffen sein – er zeigt zumindest an, dass koloniale Spuren und vor allem postkoloniales Denken auch heute noch lebendig sind.
Kolonialismus in Hamburg: Ein Gedenkort wäre ein Anfang
Viel wäre fürs Erste schon erreicht, wenn es in Hamburg – der Stadt des Kaufmanns Adolph Woermann, der mit seiner Reederei einst für den Truppentransport nach Südwestafrika sorgte – einen Gedenkort für die Opfer des Kolonialismus gäbe. Dafür böte sich zum Beispiel der Baakenhafen an, von dem aus die Schiffe der Woermann-Linie einst ablegten.
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Nach den Jahrzehnten der geschichtsvergessenen Versäumnisse in Sachen Kolonialismus – nicht nur in Hamburg, aber eben auch hier – ist in diesem Fall erinnerungspolitisch nun allerdings Eile geboten. Der Baakenhafen ist Teil der HafenCity und wird derzeit bebaut.