Stapelfeld. Neues Dokument liefert Erkenntnisse zum Genehmigungsantrag für den Neubau der Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld.
An der Ecke Ahrensburger Weg/Alte Landstraße in Stapelfeld ist schweres Gerät im Einsatz. Bagger bewegen Unmengen an Sand. Es sind vorbereitende Arbeiten für den Neubau der Müllverbrennungsanlage (MVA) inklusive Mono-Klärschlammverarbeitung. Schätzungsweise 150 Millionen Euro investiert der Betreiber EEW Energy from Waste, der zum chinesischen Konzern Beijing Enterprises gehört. Nicht nur im 1800 Einwohner zählenden Ort gibt es Bedenkenträger und Gegner des Projekts, die unter anderem schädliche Emissionen fürchten. Dieser Redaktion liegt jetzt ein neues Gutachten vor. Das Ergebnis: Die Grenzwerte werden eingehalten.
Auftraggeber ist die Amtsverwaltung Siek. Sie hat das 15 DIN-A4-Seiten umfassende Dokument für die Gemeinden Stapelfeld, Braak, Brunsbek sowie den Abwasserverband erstellen lassen. Das hat rund 5000 Euro gekostet. Grund ist der überarbeitete Genehmigungsantrag für den Neubau. Dieser wurde nötig, weil ein zusätzliches Grundstück einbezogen wird. Auch die neuen EU-Vorschriften zum Einsatz der sogenannten „Besten Verfügbaren Technik“ (BVT) sind im Antrag berücksichtigt. Dieser sei mehrere Ordner dick und für Kommunalpolitiker schwer verständlich, sagt Stapelfelds ehrenamtlicher Bürgermeister Jürgen Westphal von der örtlichen Wählergemeinschaft.
Das kurz gehaltene Schriftstück gibt ihm jetzt einen guten Überblick. „Unsere Bedenken sind geklärt. Alle Gemeindevertreter sind über das Gutachten in Kenntnis gesetzt“, so Westphal. Er befürwortet den Neubau und ergänzt: „Mülltourismus, also die Sachen in andere Länder zu fahren, finde ich nicht gut.“
63 Meter hoher Schornstein ist laut Gutachten plausibel
In dem Gutachten des Unternehmens ERM mit Sitz in Neu-Isenburg wurden diese Punkte untersucht: das zusätzliche Areal, die veränderte Niederschlagswassernutzung, der Erhalt einer Gehölzfläche, Änderungen des Rauchgasvolumenstroms, einiger Emissionswerte, der Schornsteinhöhe sowie der Gebäudekubatur. In der Zusammenfassung heißt es: „Insgesamt sind die Änderungen in den umweltfachlichen Unterlagen in den wesentlichen Aspekten nachvollziehbar und plausibel.“ Das impliziert auch den 63 Meter hohen Schornstein.
Die Experten kommen zu folgendem Schluss: „Durch den Bau wird auch weiterhin keine besonders schutzwürdige Fläche betroffen.“ Die betriebsbedingten Wirkfaktoren Schall und Gerüche ließen ebenfalls keine erheblichen Auswirkungen erwarten. „Das gleiche gilt auch nach der Änderung der Emissionsparameter und -quellen für die luftpfadgebundenen Immissionen von Schadstoffen, die unterhalb der relevanten Grenzwerte liegen.“ Morten Holpert, Technischer Geschäftsführer der Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld, hat das Gutachten bereits studiert. Er sagt zu den Ergebnissen: „Das haben wir so erwartet. Denn wir haben auf alle Aspekte Rücksicht genommen.“
Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume ist Genehmigungsbehörde
Womöglich gibt es laut Holpert noch einen Erörterungstermin wegen Stellungnahmen aus der Bevölkerung. Noch bis Montag, 8. März, können Menschen ihre Einwände einreichen. Die Genehmigungsbehörde ist das schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). EEW Energy from Waste würde gern im zweiten Quartal mit dem Neubau beginnen.
Das LLUR hatte zuletzt die Vorarbeiten erlaubt. Ein deutlicher Hinweis, dass das Müllheizkraftwerk (MHKW) mit einer Jahreskapazität von bis zu 350.000 Tonnen Restmüll und die zusätzliche Klärschlammverbrennung (KVA) für 32.500 Tonnen Trockensubstanz (plus 2500 Tonnen Reserve) gebaut werden. Derzeit wird die Erdoberfläche des Baufelds nivelliert, damit eine gleichmäßige Arbeitsfläche entsteht. Die Vereine Bürger-Interessen-Gemeinschaft (BIG!) Stapelfeld und „Das bessere Müllkonzept Schleswig-Holstein“ sind damit nicht einverstanden und kritisieren, dass der Betreiber nicht vorab über diesen Schritt informiert hat.
CDU fordert Luftmessungen in Hamburg-Rahlstedt
Gerhard Schack ist zweiter Vorsitzender der Stapelfelder Initiative. Angesprochen auf das neue Gutachten sagt er: „Ich werde mich dazu jetzt nicht äußern, sondern das Dokument erst einmal lesen.“ An diesem Freitag soll es veröffentlicht werden. Bedenken gibt es auch jenseits der Landesgrenze. Die CDU forderte jüngst vom Hamburger Senat die Messung der Luftqualität in Rahlstedt vor dem Bau der Anlage. Sie möchte die Werte später mit jenen einer in Vollauslastung arbeitenden Technik vergleichen. Vor wenigen Tagen hatten zudem Umweltpolitiker aus dem Kreis Stormarn das Havariekonzept des Betreibers als unzureichend kritisiert.
Die neue Müllverbrennungsanlage könnte frühestens 2023 an den Start gehen. Laut EEW Energy from Waste kann sie höhere Strom- und Fernwärmemengen erzeugen als der 1979 eröffnete Komplex, der stillgelegt werden soll. Die Strommenge aus Stapelfeld soll sich auf 200.000 Megawattstunden/Jahr mehr als verdoppeln.