Bargteheide. Bargteheider Betrieb setzt auf regionale Bioprodukte, Umweltschutz und zufriedene Mitarbeiter. Dafür gibt es einen 10.000-Euro-Preis.
Nachhaltig, regional und Bio: Was für viele Menschen Trendbegriffe der vergangenen Jahre sind, lebt die Bargteheider Hofbäckerei Wittmaack schon seit mehr als 20 Jahren. Die Rohstoffe stammen von benachbarten Biohöfen, gebacken wird nach traditionellen Rezepten und ohne Zusatzstoffe. Dazu legt der Betrieb Wert auf flexible Arbeitszeiten und Familienfreundlichkeit und fährt mit Elektroautos, deren Strom die hauseigene Solaranlage produziert. Für diese Fortschrittlichkeit und für ihr ökologisches Gesamtkonzept wurde die Bäckerei jetzt mit dem Förderpreis Handwerk der Volksbanken Raiffeisenbanken ausgezeichnet. Der Preis wurde in Kooperation mit der Handwerkskammer Schleswig-Holstein und unter der Schirmherrschaft von Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) in diesem Jahr zum 20. Mal verliehen. Er ist der am höchsten dotierte Handwerkspreis des Landes.
Für den ersten Platz erhielt die Hofbäckerei Wittmaack eine Förderung in Höhe von 10.000 Euro. Der dritte Platz ging übrigens auch an einen Stormarner Betrieb, nämlich an das Unternehmen Martin Giencke Fachbetriebe aus Bad Oldesloe, das auch in Sachen Nachhaltigkeit überzeugte.
Zusammenarbeit mit Landwirten vor Ort
„Die Überraschung war riesengroß“, zeigte sich Andreas Wittmaack erfreut. Er und seine Frau Birgit haben den Betrieb 1998 gegründet. Davor arbeiteten sie auf Gut Wulfsdorf in Ahrensburg. „Die Idee hinter dem Betrieb war eine direkte Zusammenarbeit mit Landwirten vor Ort: Kurze Wege und eine direkte Verarbeitung.“ Das Ahrensburger Ehepaar kam nach Bargteheide, baute dort die Hofbäckerei Wittmaack auf, fand landwirtschaftliche Betriebe, die mit ihnen zusammenarbeiten wollten: Den Kattendorfer Hof und Gut Bliestorf. Gemeinsam mit diesen haben der Bäckereimeister und seine Frau ein System aufgebaut, bei dem Getreide aus der Region zu Backwaren verarbeitet wird. Durch die kurzen Transportwege wird eine Menge CO2 eingespart. Wittmaack: „Vom Feld bis zum Brot legt das Getreide bei uns vielleicht 40 Kilometer zurück.“
Normalerweise ernten Landwirte das Getreide, dieses wird in Lager gebracht, aufbereitet und gemahlen. „Das sind oft hunderte Kilometer, bevor überhaupt Mehl entstanden ist“, so Wittmaack. „Und dann wird das oft auch noch durch die halbe Welt transportiert, um das Mehl zusammenzumischen, das der Bäcker braucht.“ Weil die Hofbäckerei nur mit regionalem Getreide arbeitet, komme es zwar zu schwankenden Qualitäten, auf die man sich einstellen müsse. „Aber das ist ja auch die Herausforderung für uns Bäcker: dass Fachwissen gefragt ist. Wir arbeiten mit Sauerteig, Vorteigen, Quellmehl und ziehen alle Register, damit am Ende ein gutes Produkt entsteht.“
Die Mitarbeiter sollen Spaß an der Arbeit haben
Aus der Idee, regionales Getreide zu verarbeiten, ist über die Jahre noch viel mehr entstanden. Neben der direkten Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft vor Ort lag dem Ehepaar das Thema Arbeitsplätze am Herzen. „Wir können nur vernünftig arbeiten, wenn die Mitarbeiter Spaß an der Arbeit haben und gerne kommen.“ Und das geht nur, wenn es ihnen auch am Arbeitsplatz gut geht. Die Wittmaacks kümmern sich um ihre mittlerweile 32 Mitarbeiter, richteten im Bürobereich Arbeitsplätze zum Stehen ein, schafften in der Produktion Hebehilfen an und die Tische in der Backstube sind höhenverstellbar, damit keiner Rückenschmerzen bekommt.
„Außerdem achten wir darauf, dass die Arbeitszeiten familienfreundlich sind“, so Wittmaack. Als die Corona-Pandemie anfing, hat er für die Kinder seiner Angestellten Arbeitsplätze eingerichtet, damit sie vor Ort am Online-Unterricht teilnehmen konnten. Wo es geht, ermöglicht er seinen Mitarbeitern Homeoffice. Ein weiteres Stichwort, auf das der Betrieb Wert legt, ist: Müllvermeidung. „Wir bekommen das Getreide von den Landwirten in großen Säcken, die wiederverwendet werden können“, erzählt Wittmaack. Um die zu entleeren, arbeitet der Betrieb nur mit Schwerkraft und nutzt keine zusätzliche Energie. Apropos Energie: Auch da ist die Bäckerei fortschrittlich aufgestellt. „Wir arbeiten mit erneuerbaren Energien“, berichtet der Bäckermeister. „Wir haben eine Fotovoltaikanlage laden mit dem erzeugten Strom unsere Elektroautos auf.“
Die Bargteheider beliefern auch Reformhäuser
Als er zu Beginn anderen von dem Vorhaben erzählte, sagte ihm jeder, dass elektrische Autos nicht funktionieren. „Ich habe das Ganze getestet und festgestellt: Es funktioniert doch.“ Man müsse sich in das Thema natürlich reinfuchsen, aber am Ende sei die Mühe den Ertrag wert. Und: Er spart so nicht nur Emissionen, sondern auch Geld. „Als meine Frau den Preis so eines Elektroautos gesehen hat, hat sie mich gefragt, ob ich verrückt bin“, erinnert er sich lachend. Die Anschaffungskosten seien zwar höher, die laufenden Kosten aber wesentlich günstiger – und umweltfreundlicher. Mittlerweile ist die gesamte Fahrzeug-Flotte umgerüstet, der Betrieb fährt nur noch elektrisch und mit grünem Strom. Seit Kurzem verfügt der Betrieb auch noch über eine Windkraftanlage.
Die Autos sind unter anderem notwendig, um die Waren auszuliefern. Denn die Hofbäckerei Wittmaack verkauft zwar auch direkt vor Ort, liefert Brötchen und Brote aber hauptsächlich an Reformhäuser und Naturkostläden in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern aus. „Wir haben uns auf Allergiker spezialisiert“, so Wittmaack. „Wir verarbeiten kein Weizen und keine Nüsse.“ Deshalb hat die Bäckerei auch einen hohen Anteil Stammkunden, die die Qualität der Backwaren zu schätzen wissen.