Trittau. Warum drei junge Frauen ihre berufliche Zukunft in der Landwirtschaft suchen. Anteil weiblicher Beschäftigter wächst.
Mit olivgrünen Gummistiefeln stapfen Malin, Merle und Lena entschlossen in die Boxengasse des Hauptstalls auf dem Hof Klose. Links und rechts steht rund die Hälfte der mehr als 280 Rinder des Milchviehbetriebs. Die wollen jeden Tag gemolken und gefüttert werden. Und ausgemistet werden muss auch regelmäßig. „Da sind Gummistiefel und derbe Arbeitskluft schon ganz praktisch“, meint Merle. „Außerdem sind wir hier ja schließlich nicht beim Schaulaufen“, ergänzt Lena mit einem Augenzwinkern.
Geschlechterparität auf dem Hof Klose
Der Hof von Friedrich Klose, amtierender Präsident des Kreisbauernverbands Stormarn, hat mit dem Trio etwas vorzuweisen, das für landwirtschaftliche Betriebe eher Ausnahme als Regel ist. Denn momentan arbeiten dort ebenso viele weibliche Mitarbeiter wie männliche, nämlich je vier. „Diese Geschlechterparität ist schon bemerkenswert. Im Kreis liegt der Frauenanteil in Agrarbetrieben etwa bei 30 Prozent, bezieht man weibliche Familienmitglieder mit ein“, sagt Peter Koll, der Geschäftsführer des Verbands. Es zeichne sich aber ab, dass sich wieder deutlich mehr junge Frauen für einen Job in der Landwirtschaft begeistern können. Das Trio auf dem Hof Klose bestätige den Trend.
Von Vorteil ist dabei natürlich, wenn man selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen ist. Das ist sowohl bei Malin Groth (19), die gerade ihr drittes Lehrjahr vollendet hat, als auch bei Merle Beckmann (20), Auszubildende im zweiten Lehrjahr der Fall.
Mit zwölf Jahren erstmals Trecker gefahren
„Für mich stand schon früh fest, dass ich unbedingt in der Landwirtschaft bleiben will“, berichtet Malin. Auf dem elterlichen Louisenhof nahe Schwarzenbek habe sie von Kindesbeinen an voller Freude und Enthusiasmus mitgearbeitet und sei mit zwölf Jahren zum ersten Mal Traktor gefahren. „Diese frühen Erfahrungen haben mich geprägt. Zumal ich sowieso lieber draußen bin, als an einem Schreibtisch zu hocken. Hotel- oder Bürokauffrau wäre einfach nichts für mich“, sagt sie.
Landwirtin sei ein äußerst vielseitiger, unvergleichlicher Beruf, der sie auf vielen Ebenen fordere, ihr aber auch unglaublich viel gebe. Dass der Lebensrhythmus durch die Jahreszeiten und die Tiere bestimmt werde, sei für sie kein Problem. „Durch die unterschiedlichen Bedingungen und die verschiedenen Tätigkeiten kommt niemals Langeweile auf, kein Tag ist wie der andere. Und ständig kann etwas passieren, auf das schnell und flexibel reagiert werden muss, sei es ein krankes Tier oder eine defekte Maschine“, erklärt Malin.
Mit 250 Milchkühen aufgewachsen
So in etwa beschreibt auch Merle Beckmann ihre Begeisterung für die Landwirtschaft. Der Hof in Klein Zecher im Herzogtum Lauenburg ist seit 102 Jahren im Besitz der Familie – und das soll nach Möglichkeit auch so bleiben. „Das Leben auf dem Land und mit den Tieren liegt mir wahrscheinlich im Blut“, sagt die 20-Jährige. „Wenn du mit 250 Milchkühen aufwächst, wird das zu einem wichtigen Teil von dir selbst“, erklärt Merle. Da sei eine Leidenschaft gewachsen, die sie erfülle und nicht mehr missen möchte.
Als Landwirtin sei man Managerin, Gärtnerin, Tierärztin und Handwerkerin zugleich. Jeden Tag wieder, aber immer anders. „Klar, Ausmisten ist nicht gerade ein Hit“, räumt sie ehrlich ein. Aber schließlich liege doch jeder gern in einem frischen Bett. Melken hingegen verschaffe ihr regelmäßig gute Laune. Wie Kühe überhaupt ein geniales Stimmungsbarometer seien. „Ich finde es immer wieder faszinierend, was diese Tiere für feine Antennen haben. Sie spüren genau, mit welcher Laune du in den Stall kommst. Bist du selbst entspannt und fröhlich, sind es die Kühe auch“, sagt sie.
Zukunft des Mastbetriebs ungewiss
Lena Janisch ist zwar nicht in einem bäuerlichen Betrieb groß geworden, spürte aber auch früh eine große Affinität zur Landwirtschaft. „Vielleicht deshalb, weil mein Großvater einen Pferdehof und ich schon immer eine großes Faible für Hunde hatte“, glaubt die Dritte im Bunde. So sei sie früh von der besonderen Verantwortung gegenüber Tieren geprägt worden.
Erst recht, seit sie als Jägerin Kontakt zu Landwirten aus der Region knüpfte. So landete sie durch ihren Freund gewissermaßen auf Umwegen auf einem Bauernhof in der kleinen Gemeinde Grönwohld, der viele Jahre durch Schweinezucht und Ackerbau geprägt wurde. „Jetzt aber ist die Zukunft ungewiss. Weil ein Betrieb mit nur 150 Tieren kaum noch wirtschaftlich geführt werden kann“, berichtet Lena. Dass sich der Hof im Umbruch befinde und neu aufgestellt werden müsse, sorge für neue, spannende Herausforderungen.
Iberico-Schweine als Idee für Neubeginn
So könnte sie sich vorstellen, den Betrieb auf Iberico-Schweine umzustellen. Weil sich die in Südwestspanien und Portugal beheimatete Rasse vorwiegend von Korkeicheln ernährt, gilt ihr Fleisch mit seinem leicht nussigen Aroma als besondere Delikatesse. „Es ist dadurch natürlich auch etwas hochpreisiger. Aber ich denke, im Hamburger Speckgürtel würden sich viele Feinschmecker als Kunden finden lassen“, sagt Lena.
Anders als Malin und Merle hat die 21-Jährige nach dem Abitur sofort angefangen zu studieren und vollendete gerade das fünfte Semester an der Fachhochschule Kiel. „Das war wohl auch meiner Ungeduld geschuldet, rasch voranzukommen“, erklärt sie. Allerdings habe sie die Corona-Pandemie in den vergangenen Monaten ziemlich ausgebremst: „Deshalb will ich die Semesterferien intensiv nutzen, um weitere Praxiserfahrungen zu sammeln.“
Und Traktor zu fahren. Sie liebe es, auf den Feldern ihre Bahnen zu ziehen, um Getreide, Mais und Raps zu ernten. „Dass das vor allem was für Männer sei, ist doch nichts weiter als ein überholtes Klischee“, sagt die angehende Agrarwirtin. Sogar einen landwirtschaftlichen Betrieb erfolgreich zu führen, sei längst keine Männerdomäne mehr. Den Beweis wollen alle drei in einigen Jahren höchstselbst antreten.
Info: Bauernhöfe im Kreis Stormarn
Im Kreis Stormarn gibt es aktuell 570 Agrarbetriebe, die mindestens fünf Hektar groß sind.
Dort arbeiten mehr als 1000 Vollzeitbeschäftigte und über 500 Teilzeit- und Saisonkräfte.
Etwa ein Drittel aller Betriebe betreiben nur Ackerbau, inklusive Gemüse- und Erdbeeranbau, und Grünlandbewirtschaftung.
Ein weiteres Drittel umfasst Rinderhaltung. Von 230 Betrieben sind 95 Milchviehbetriebe. Vor zehn Jahren waren es noch 120.
Das dritte Drittel sind Schweinemastbetriebe, deren Zahl im Kreis unter 100 gefallen ist.
Nur sieben reine Agrarbetriebe und 15 Pferdehöfe und -Pensionen werden von Frauen geleitet.