Barsbüttel. Coverpiraten aus Barsbüttel spielen normalerweise vor Tausenden Zuschauern. In der Band sind auch Berufsmusiker. Sie haben es schwer.

„First in, last out“ – mit Galgenhumor kommentiert Tom Witt die Situation seiner Barsbütteler Band Coverpiraten. Soll heißen: Die Musiker gehörten zu den ersten, die durch die Corona-Verordnungen nicht ihrer Tätigkeit nachgehen konnten – und werden die letzten sein, die wieder auf der Bühne stehen, während Tausende Zuschauer, dicht aneinander gedrängt, applaudieren. Das hat natürlich finanzielle Auswirkungen für die Künstler. Und nicht jeder kann seinen Lebensstandard halten, insbesondere, wenn das Gitarrenspiel der Job ist. Trotzdem hält sich die Gruppe über Wasser.

Witt ist Sänger der 2012 gegründeten Band und mit seinen Kollegen viel herumgekommen. Mehr als 50 Auftritte stehen normalerweise jedes Jahr auf dem Programm. Die Coverpiraten haben in Dänemark, Spanien und der Schweiz gespielt, sind deutschlandweit auf Stadt- und Hafenfesten vertreten. Sie präsentieren Titel aus den Charts, Schlager und Rock. Pro Gig gibt es einen mittleren vierstelligen Betrag. Zwölf Personen zählen zum Team ob der Doppelbesetzung.

Nur zwei Events sind in den kommenden Monaten fest eingeplant

Im September und Oktober beginnen laut Witt die Buchungen für das Folgejahr. Im Februar haben die Coverpiraten rund 40 Engagements sicher, rund ein Dutzend kommen später dazu. Und in dieser Saison? „Immer wieder sagen Veranstalter 14 Tage vorher ab, weil es sich nicht rechnet“, berichtet der 47-Jährige. Gerade für dieses Wochenende sei wieder eine Open-Air-Veranstaltung gecancelt worden. Lediglich zwei Events haben die Barsbütteler in den kommenden Monaten fest eingeplant: das Dorffest in Großenbrode Ende Juli und einen Auftritt in Bremerhaven Anfang September. Auf der Kieler Woche gehören sie schon zum Inventar. In diesem Jahr ist das große Volksfest in der Zeit vom 4. bis 12. September angesetzt. „Wir würden dort gerne drei bis viermal spielen. Ich bin im Austausch mit dem Büro. Es ist noch völlig unklar, unter welchen Bedingungen da etwas stattfindet“, sagt Witt.

Die Veranstaltung wurde bereits von Juni nach hinten verlegt in der Hoffnung, dass die Coronalage viele Besucher zulässt. Auch wenn der Optimismus groß ist: Die Delta-Variante könnte alles zunichte machen. Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) kündigte schon vor Wochen an, man könne nicht ausschließen, dass doch noch eine Absage notwendig sei.

Sängerin hat sich zur Synchronsprecherin umschulen lassen

Also macht die Band weiterhin kleine Schritte. Bis zu fünf Mitglieder treten einmal im Monat bei Unplugged-Aktionen auf wie zum Beispiel in Buxtehude am Fleet unter freiem Himmel. „Wir machen das nicht des Geldes wegen, sondern um im Training zu bleiben“, sagt Witt. Für zehn Stunden inklusive An- und Abfahrt gehe jeder mit 100 Euro nach Hause. Im Vergleich zu den sonstigen Gagen ist das nicht viel. „Unser Gitarrist, der Schlagzeuger sowie Keyboarder sind Berufsmusiker. Bei denen brechen viele Einnahmen weg.“ Bandmitglieder unterrichten nun vermehrt privat. Sie bringen Kunden das Spielen von Instrumenten bei, um die Kasse aufzufüllen. In einem Fall geht es aber nicht mehr ohne Hilfe vom Staat: Die Person ist inzwischen Hartz-IV-Empfänger. Witt: „Glücklicherweise haben einige von uns auch eine Festanstellung und kommen gut über die Runden.“ Die Sängerin hat sich übrigens zur Synchronsprecherin umschulen lassen.

Ausstieg aus Projekt mit Hybrid-Konzerthalle in Hamburg

Zu Beginn der Pandemie hatten die Coverpiraten noch Streaming-Konzerte organisiert, eine Lagerhalle im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen so umgebaut, dass die Musiker an einem Ort zusammenspielen konnten – ohne Blickkontakt. Das Studio war in sechs Bereiche unterteilt: getrennt durch eine Ein-Meter-Holzwand samt Bauzaunplane. Das Abteil des Schlagzeugers war noch einmal extra mit Dutzenden Eisboxen für den Schallschutz isoliert. So konnte eine Ansteckung mit dem Coronavirus ausgeschlossen werden. Tausende sahen die Auftritte auf Bildschirmen oder Smartphones. Viel Geld haben die Barsbütteler Musiker damit aber nicht generiert. Aus einem Projekt mit Hybrid-Konzerthalle in Hamburg-Altona ist die Gruppe inzwischen ausgestiegen.