Grosshansdorf. Seit zehn Jahren gibt es die Ehrenamtlerinnen in der LungenClinic. Wie die Helferinnen den Alltag der Patienten erleichtern.

„Frau Niehaus, darf ich herein kommen?“, fragt Monika Olbrich, während sie an die Tür klopft. Es ist Dienstagvormittag, kurz nach zehn Uhr, auf Station 3 A der LungenClinic in Großhansdorf. Ein leises „Ja“ erklingt und Olbrich betritt das Krankenzimmer. Die Bargteheiderin trägt ein weites, weißes Oberteil, das nach Krankenhaus aussieht, an der Brusttasche klemmt ein Schild mit ihrem Namen.

Grüne Damen unterstützen Patienten der LungenClinic Großhansdorf

„Kann ich etwas für Sie tun“, möchte sie von der Patientin wissen. Mit dieser Frage beginnt Olbrich meist das Gespräch, als eine Art Türöffner zu den Sorgen und Nöten der Kranken. Wer es nicht besser weiß, könnte glauben, die Bargteheiderin arbeite hier als Krankenschwester. Tatsächlich erhält Monika Olbrich keinerlei Bezahlung. Die 70-Jährige ist eine von acht sogenannten Grünen Damen in der LungenClinic, die ehrenamtlich für das Wohlergehen der Patienten sorgen. „Wir übernehmen die kleinen Dinge, für die Ärzte und Pfleger keine Zeit haben“, sagt Olbrich.

Das Aufladen der Telefonkarte, das Besorgen eines bestimmten Shampoos oder einer ganz besonderen Süßigkeit im nahen Supermarkt, manchmal auch nur ein angeregtes Gespräch – für solche Wünsche sind die Grünen Damen da. 1969 wurde der ehrenamtliche Besuchsdienst gegründet und agiert seitdem, getragen von der Evangelischen Kranken- und Alten-Hilfe (eKH), in vielen Krankenhäusern bundesweit.

Den Namen verdanken die Ehrenamtlerinnen ihren grünen Kitteln

Den Namen verdanken die Grünen Damen den grünen Kitteln, die sie ursprünglich getragen haben. Heute sind die Ehrenamtlerinnen an einem grünen Halstuch zu erkennen. In der LungenClinic gibt es das Projekt seit 2011. Die damalige Pastorin Ute Reckzeh hatte es ins Leben gerufen. In diesem Jahr feiern die Grünen Damen in Großhansdorf ihr zehnjähriges Jubiläum.

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie kommt der Arbeit der Ehrenamtlerinnen große Bedeutung zu. Seit einigen Tagen gilt für Angehörige in der LungenClinic bis auf wenige Ausnahmen wieder ein Besuchsverbot. Im Gegensatz zum ersten Lockdown dürfen die Grünen Damen diesmal weiterhin kommen. „Da gibt es dann erst recht einiges an Gesprächsbedarf der Patienten aufzufangen“, sagt Olbrich.

Die Helferinnen bringen viel Zeit für Gespräche mit

„Es ist schön, dass es Menschen gibt, die sich so engagieren“, sagt Helga Niehaus. Die Seniorin ist bereits das vierte Mal Patientin in der Großhansdorfer Fachklinik. „Viele von uns kommen ja auch von weit her und haben keine Angehörigen in der Nähe, die wir eben schnell um etwas bitten können“, sagt sie und ergänzt: „Früher habe ich ja auch viel im Ehrenamt gemacht.“ Für Monika Olbrich ist das die Gelegenheit, ein Gespräch mit der Seniorin zu beginnen. Es geht um gesellschaftliches Engagement. Helga Niehaus ist sichtlich anzumerken, dass es ihr Freude bereitet, jemandem aus ihrem Leben erzählen zu können.

„Ich kommen vom Dorf und da gehört es dazu, sich zu engagieren“, sagt sie und berichtet, wie sie auch heute, im Alter, noch gern in Seniorenheime gehe, um den dortigen Bewohnern eine Freude zu machen. Monika Olbrich hört zu. Später, als sie das Zimmer wieder verlassen hat, sagt sie: „Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt unserer Arbeit, dass wir unbegrenzt Zeit haben.“ Das medizinische Personal könne das verständlicherweise neben dem Klinikalltag in dem Umfang nicht leisten.

Jede Station erhält zweimal in der Woche Besuch

Zweimal wöchentlich besuchen die Grünen Damen jede Station. „Wir bekommen eine Liste mit den Namen und Geburtsdaten der Patienten, dann können wir sie persönlich ansprechen und wissen auch, ob jemand Geburtstag hat“, sagt Olbrich. Diese direkte Ansprache breche das Eis. Anhand des Nachttischs lasse sich erkennen, ob ein Patient Besuch von Angehörigen erhalte.

„Stehen dort Blumen oder etwas Süßes, dann kommt jemand“, sagt die Bargteheiderin. Sei die Kommode leer, sei der Patient allein. „Dann suchen wir ganz besonders das Gespräch“, sagt die 70-Jährige. Mitunter vertrauten ihr die Leute auch sehr private Dinge an. „Im Krankenhaus ist das ja eine spezielle Situation und oft gibt es da auch Dinge, mit denen man mit Ärzten oder Pflegern nicht sprechen möchte“, sagt sie.

Monika Olbrich nimmt immer wieder Anteil an tragischen Schicksalen

Monika Olbrich (70) aus Bargteheide ist bis zu viermal die Woche auf den Stationen der LungenClinic unterwegs.
Monika Olbrich (70) aus Bargteheide ist bis zu viermal die Woche auf den Stationen der LungenClinic unterwegs. © HA | Filip Schwen

Monika Olbrich ist seit sechseinhalb Jahren bei den Grünen Damen aktiv, vor drei Jahren hat sie die Leitung der Gruppe übernommen. 2012 war sie selbst Patientin in der LungenClinic. „Da bin ich erstmals mit dieser Arbeit in Kontakt gekommen“, sagt die 70-Jährige. Als die Bargteheiderin, die als Chefsekretärin für ein Hamburger Handwerksunternehmen gearbeitet hat, dann in Rente ging, habe sie nach einer neuen Aufgabe gesucht. „Ich habe ein halbes Jahr meine neue Freizeit genossen und dann wurde mir langweilig“, sagt Olbrich und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Und die Enkelkinder waren inzwischen groß geworden und wollten nicht mehr ständig bei der Oma rumhängen.“

Immer wieder nimmt die Bargteheiderin durch ihre Tätigkeit auch Anteil an tragischen Schicksalen. An jenem Dienstag geht es für Olbrich später noch weiter auf die Palliativstation. „Gerade die sterbenden Menschen haben das Bedürfnis, Dinge loszuwerden“, sagt sie. „Wir versuchen dann, im Gespräch die bestmögliche Lösung zu finden.“ Dazu vermittele sie auch an den psychologischen, den Sozialdienst oder die Krankenhauspastorin.

Menschen zu helfen gibt der Bargteheiderin ein besonderes Gefühl

„Man darf diese Dinge nicht mit nach Hause nehmen, sonst geht man kaputt“, sagt Olbrich. Meist gelinge ihr das. „Aber es gibt auch Ausnahmen, die einem einfach besonders nahe gehen, ob man es will, oder nicht“, sagt die 70-Jährige. Vor einigen Monaten habe es ein Paar gegeben. „Sie lag auf der Palliativstation und er wollte sie unbedingt noch im Krankenhaus heiraten“, erinnert Olbrich sich.

„Kurz vor der Trauung kam der junge Mann zu mir und hat mir seine Gefühle geschildert, weil er einfach jemanden zum Reden brauchte“, erzählt sie. „Er hat dann angefangen zu weinen und da sind mir auch die Tränen gekommen. Ich habe ihn dann in den Arm genommen und wir haben einfach gemeinsam geweint“, erinnert sie sich. Auch wenn es solche belastenden Momente gebe, sei sie unglaublich dankbar. „Es gibt mir ein besonderes, befriedigendes Gefühl, wenn ich nach Hause komme und weiß, dass ich Menschen helfen konnte oder ihnen zumindest eine Freude gemacht habe“, sagt Olbrich.

Die Großhansdorfer Gruppe benötigt dringend Verstärkung

Wie viele Stunden sie pro Woche im Krankenhaus verbringt, kann Monika Olbrich nicht sagen. „Das rechnet keiner von uns nach“, sagt sie. „Wir bleiben so lang, bis wir in allen Zimmern waren und danach geht es weiter zum Einkaufen.“ Es sei eine zeitintensive Aufgabe, mit der Verpflichtungen einhergingen. „Wir haben einen festen Dienstplan, damit alle Stationen regelmäßig Besuch bekommen.“ Darüber hinaus sei wochentags an den Vormittagen auch stets eine Kollegin am Empfang zugegen, um neue Patienten bei ihrer Aufnahme zu unterstützen, sie auf Wunsch auf das Zimmer zu führen und beim Kofferauspacken zu helfen.

Weil die Arbeit so zeitintensiv ist, benötigen die Grünen Damen in Großhansdorf dringend Unterstützung. Derzeit ist Olbrich bis zu viermal wöchentlich im Einsatz, um die Lücken zu füllen. „Zwei oder drei Damen mehr wären schon wichtig“, sagt die 70-Jährige. Das Alter spiele keine Rolle, allerdings sei es aus Flexibilitätsgründen von Vorteil, bereits verrentet oder pensioniert zu sein. „Die Älteste von uns ist 81, aber wir haben aktuell auch eine Interessentin, die erst in den Vierzigern und noch um Berufsleben ist“, sagt sie. Und auch Herren können sich melden. „Das Geschlecht ist vollkommen egal, wir hatten auch lange Jahre einen Grünen Herren im Team.“

Wer die Grünen Damen unterstützen möchte, kann sich per Telefon unter der Nummer 04532/278 13 78 oder per E-Mail an monika.olbrich@hamburg.de mit Monika Olbrich in Verbindung setzen.