Hamburg. Die Bund-Länder-Gespräche sind aus Sicht der Tourismusbranche denkbar schlecht zu Ende gegangen: Oster-Lockdown statt Öffnung.

Die Hoffnungen der Hoteliers im Norden, die im Gespräch mit dem Abendblatt vor den Bund-Länder-Gesprächen am Montag eine klare Kante, was Öffnungsperspektiven in der Corona-Krise angeht gefordert hatten, sind enttäuscht worden: Die Ergebnisse des Gipfels sind eindeutig und schließen einen Osterurlaub mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus.

Zwar gibt es die Möglichkeit von so genannten "Modellprojekten", für die die Länder "mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens öffnen, um die Umsetzbarkeit von Öffnungsschritten unter Nutzung eines konsequenten Testregimes zu untersuchen", doch auch diese sind "ausgewählte Regionen" begrenzt – zudem ist noch nicht bekannt, wie die Länder diese Projekte umsetzen können.

Darauf hatten die Hoteliers im Norden gehofft:

Die Hoteliers wollten ihre Betriebe wieder öffnen und Mitarbeiter aus der Kurzarbeit erlösen. Die Osterfeiertage seien in vielen Häusern bereits gut gebucht – nun steht ihnen eine Stornierungswelle ins Haus.

Alexander Winter, Geschäftsführer der arcona Hotels (wyn Strandhotel Sylt, First Sellin Appartments auf Rügen, Hanseatic Hotel in Göhren auf Rügen, Hotel Kaiserhof auf Usedom): „Wir wären natürlich voll ausgelastet mit unseren Ferienhotels an Ostern, wie fast jedes Jahr – aber in diesem Jahr ganz besonders.“

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Allerdings würden die Gäste nach dem ständigen Hin und Her auch zurückhaltender in ihrem Buchungsverhalten. „Für unser Reservierungsteam ist das eine enorme Herausforderung, ständig Gäste ein- und auszubuchen. Der organisatorische Aufwand ist enorm, deshalb wäre eine Planungssicherheit für uns Hoteliers so wichtig“, so Winter.

Kontaktlosen Urlaub hält der Hotelier für "nahezu absurd"

Grundsätzlich wünscht er allen Unternehmern, dass sie endlich eine Perspektive bekommen, ihre Betriebe wieder zu öffnen und ihre Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu erlösen. „Wenn ich jetzt von „kontaktlosem Urlaub“ höre, ist das nahezu absurd. Davon profitieren genau diejenigen, die ihr Geld in Ferienwohnungen angelegt haben.“

Das Nachsehen hätten wieder einmal Mitarbeiter in der Hotelbranche. Denn das Beschäftigungsaufkommen in den Ferienwohnungen sei minimal.

„Wir sind als Beherbergungsbetriebe mit Hygieneregeln und deren Einhaltung bestens vertraut. Wir können überwachen, dass negative Tests bei Anreise vorliegen oder Reihentestungen auch während des Urlaubs stattfinden, da wir über das Hausrecht verfügen. Über den Einsatz der Luca-App auf der gesamten Insel Sylt und in Mecklenburg-Vorpommern wollten wir als Unternehmer unterstützen, dass Kontaktketten frühzeitig unterbrochen werden. In meinen Augen wären wir im Tourismus optimal auf die Wiedereröffnung vorbereitet.“

Perspektive Osterurlaub: "Wenn öffnen, dann für alle"

Auch David Schneider, Geschäftsführender Gesellschafter vom Küstenperle Strandhotel & Spa in Büsum, verlangt Planungssicherheit: „Wir wünschen uns eine klare Marschrichtung! Entweder wir öffnen – dann aber auch vollumfänglich, also: Nicht nur für Gäste aus dem eigenen Bundesland (oder im Fall von Schleswig-Holstein dem angrenzenden Bundesland Hamburg), sondern für alle.“

Er fordert eine klare Kante. Eine Öffnung für eine so kleine Zahl an Gästen komme nicht infrage. „Wir kämen da auf maximal 20 Prozent Auslastung, das lohnt sich für uns einfach nicht. Wir sagen: Entweder – oder. Entweder Urlaub für alle möglich machen oder alles runterfahren, dann aber radikal. Auch kein Urlaub in Ferienwohnungen.“

"Knapp die Hälfte der Gäste hat bereits storniert"

Im Umkehrschluss müssten dann auch die Hilfen von der Bundesregierung hochgefahren werden und auch wieder echte Hilfen sein –  nicht nur einen Fixkostenausgleich darstellen, so David Schneider. Die Buchungen lägen momentan bei knapp 40 Prozent für die Ostertage. Viel weniger als in den Jahren davor. Normalerweise liegt die Auslastung zwei Wochen vor Ostern bei gut 80 bis 90 Prozent. Kurz vor Ostern steigt sie dann normalerweise auf fast 100 Prozent.

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Auch in den Häusern der Heimathafen Hotels liegen über Ostern relativ viele Buchungen vor, da viele die Hoffnung hatten, dass die Häuser Ostern öffnen dürfen. „Nun ist die Rede vom kontaktarmen Urlaub. Dementsprechend haben wir unglaublich viele Stornierungen in all unseren Hotels reinbekommen - knapp die Hälfte der Leute hat bereits storniert“, sagt Christian Sroka, Sprecher der Heimathafen Hotels Die Nachfrage nach den Beach Apartments, die dann zu der Kategorie Ferienwohnungen zugezählt werden, war extrem hoch.

Heimathafen Hotel blicken mit Sorge auf Bund-Länder-Gespräche

Die Beach Apartments in Heiligenhafen sind über Ostern zu 98 Prozent ausgelastet, das Motel Heiligenhafen zu 30 Prozent, das Beach Motel St. Peter-Ording zu 60 Prozent, die Bretterbude in Heiligenhafen zu 38 Prozent, das Hotel Fliegerdeich in Wilhelmshaven zu 60 Prozent, das  Lighthouse in Büsum zu 45 Prozent.

„Über Ostern sind wir natürlich sonst zu normalen Zeiten ausgebucht“, so Sroka. „Sollte heute beim Bund und Länder-Gipfel rauskommen, dass wir lediglich die Beach Apartments aufmachen dürfen, so müssen wir unseren anderen Gästen, die über Ostern gebucht haben, natürlich wieder absagen und die vorhandene Buchung stornieren.“

"Wir haben ein funktionierendes Hygienekonzept in den Hotels"

Die Hotels geben den Gästen dann immer noch die Möglichkeit, die Reservierung auf ein anderes Datum zu verschieben. „Mittlerweile ist es jedoch so, dass die Leute das meist nicht mehr wollen, genervt von der Gesamtsituation sind und lieber dann buchen, wenn feststeht, dass wir final wieder aufmachen dürfen.“

Den Gästen fehle zunehmend die Planungssicherheit.  „Wir blicken jetzt trotzdem optimistisch auf die kommenden Wochen und wissen, dass wenn die Nachricht zur Wiedereröffnung kommt, unsere Reservierung in Anfragen untergehen wird. Dafür sind wir gut gewappnet, haben unser Team gut aufgestellt und haben vor allem auch ein funktionierendes Hygienekonzept in den Hotels, wodurch ein 'kontaktarmer' Urlaub ebenfalls gesichert werden kann“, sagt Christian Sroka. Er ist überzeugt, dass die Hotels mit einem funktionierenden Hygiene-Konzept sicher wieder aufgemacht werden könnten und kein Treiber von Infektionen seien.

"Ich bin dafür, über Ostern alles zu zu lassen"

Dirk Luther, Geschäftsführer Vitalhotel Alter Meierhof in Glücksburg: „Natürlich wären wir über Ostern ausgebucht gewesen, wie in all den Jahren zuvor auch. Und das schmerzt, aber es schmerzt schon seit vielen Monaten. Ich bin dafür, nun über Ostern noch alles zu zu lassen, damit wir die Zahlen in den Griff bekommen und alle öffnen können.“

Sollten die Ferienwohnungsbesitzer eher aufmachen dürfen, freue er sich für sie: „Ich bin solidarisch mit allen Geschäftsleuten, die öffnen dürfen. Und das ist allemal besser, als wenn die Deutschen nach Mallorca fliegen. Das Geld muss hier im Land bleiben!“

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).