Sylt/Scharbeutz. Die Urlaubsorte an Nord- und Ostsee handhaben die Zweitwohnungssteuer unterschiedlich: ein Überblick.

Im ersten Lockdown vor einem Jahr sind Urlaubsreisen in und nach Schleswig-Holstein wochenlang verboten gewesen. Auch der Besuch einer Zweitwohnung war in dieser Zeit nicht möglich, wovon besonders viele Hamburger betroffen waren. Eine Ermäßigung der Zweitwohnungsteuer, die die meisten Urlaubsorte erheben, ist allerdings nicht grundsätzlich vorgesehen.

Wer beispielsweise in Scharbeutz oder auf Sylt einen Zweitwohnsitz sein Eigen nennt, muss den vollen Satz zahlen. Die Steuer sei eine als Jahressteuer ausgerichtete örtliche Aufwandsteuer, sagte die Bürgermeisterin von Scharbeutz, Bettina Schäfer. Reduziert werden könne der Betrag, wenn die Wohnung an mehr als 100 Tagen im Jahr nicht genutzt werden könne.

Verboten worden sei die Nutzung 2020 aber nur 42 Tage im Jahr. „Der Anspruch auf Ermäßigung besteht daher leider nicht“, sagte Schäfer. Auch auf Sylt haben die Gemeinden beschlossen, die Steuer für diesen Zeitraum nicht zu erlassen.

Trotz Lockdowns: Sylt besteht auf Zweitwohnungsteuer

Als Gründe führen Schäfer sowie der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel, an, dass die Bereiche und Einrichtungen des öffentlichen Lebens weiter aufrechterhalten werden mussten. Die Infrastruktur werde und müsse weiter vorgehalten beziehungsweise gepflegt werden, sagte Schäfer. „Jeder Besitzer so einer Wohnung möchte doch auch, dass dann die Feuerwehr im Brandfall ausrückt.“

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Etwaige Steuerausfälle müssten die Bürgerinnen und Bürger vor Ort mittragen, die durch die Pandemie gerade hier in einer von Tourismus geprägten Region ohnehin mehr als gebeutelt seien, sagte Schäfer.

Im wenige Kilometer entfernten Timmendorfer Strand hingegen wird die Zweitwohnungsteuer für den entsprechenden Zeitraum im Frühjahr 2020 erlassen. „Die Bescheide für das Jahr 2020 sehen eine entsprechende Reduzierung vor“, sagte Martin Scheel vom Fachbereich Allgemeine Verwaltung und Finanzen der Gemeinde.

Urlaubsorte im Norden: Viele Ferienhausbesitzer betroffen

Da die Nutzung der Objekte im Frühjahr 2020 für einige Wochen verboten gewesen sei, lägen die Voraussetzungen für die Erhebung der Zweitwohnungsteuer nicht vor. In Grömitz, ebenfalls an der Lübecker Bucht gelegen, werden die Zweitwohnungsteuern nach Angaben der Gemeinde für zwei Monate im Jahr 2020 aus ähnlichen Gründen erlassen.

Blick auf den Strand von Grömitz.
Blick auf den Strand von Grömitz. © Klaus Bodig | Unbekannt

In beliebten Urlaubsorten geht es um sehr viele Zweitwohnungen, weshalb ein Ausfall der Steuer ins Gewicht fällt. Auf der Insel Sylt kommen auf rund 18.000 Erstwohnsitze etwa 14.000 Zweitwohnsitze, wie Häckel sagte. In Timmendorfer Strand kommen laut Gemeinde auf 5800 Erstwohnungen 3000 Zweitwohnungen. Anders als für Menschen mit Erstwohnsitz bekommen Gemeinden dafür aber kein Geld aus dem Finanzausgleich.

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Der Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler Schleswig-Holstein, Rainer Kersten, kann grundsätzlich verstehen, dass Gemeinden Zweitwohnungsteuern erheben und diese auch für die Wochen des Beherbergungsverbotes nicht erlassen. Die Gemeinden müssten ihre kommunale Infrastruktur vorhalten, auch wenn die Zweitwohnungsbesitzer nicht da seien, sagte Kersten.

Fehmarn erhöht Steuer rückwirkend auf 20 Prozent

Er kritisiert allerdings die „exorbitante“ Steigerung der Zweitwohnung­steuer in vielen Gemeinden in diesem Jahr. Die Stadt Fehmarn etwa hat die Steuer für die rund 1500 steuerpflichtigen Nebenwohnungen auf der Insel rückwirkend für das Jahr 2020 von bislang zwölf auf jetzt 20 Prozent erhöht.

Hintergrund ist die Berechnungsgrundlage, die sich aufgrund von Gerichtsurteilen geändert hat. Ähnlich wie bei der Grundsteuer werden nun die Bodenrichtwerte in die Berechnung einbezogen. Diese werden aus den durchschnittlichen Verkaufspreisen von Immobilien in einem festgelegten Beobachtungsgebiet ermittelt. Gerade in beliebten Lagen der Tourismushochburgen sind die Preise für Immobilien in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen.

Dadurch müssen Zweitwohnungsbesitzer mit Wohnungen in Eins-a-Lagen teils deutlich mehr zahlen, andere hingegen weniger als zuvor. Nach Ansicht von Kersten sollten sich Gemeinden bei der Anhebung der Steuer zurückhalten. Nicht alle Inhaber von Zweitwohnungen seien finanziell leistungsfähig. Sie besäßen ihre Wohnungen teils seit Jahrzehnten, seien im Rentenalter und könnten Erhöhungen nicht einfach tragen.

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