Glinde. Glinder Tafel will Mitarbeiter entlasten, braucht mehr Helfer. Für die soziale Einrichtung arbeiten fast nur Rentner. Sie bewegen viel.
Vor Kurzem musste der ehemalige Vorsitzende Paul Nowatzki zum Notdienst anrücken. Der 79-Jährige stapelte an einem Donnerstag im Glinder Gutshaus Kisten und bereitete mit mehr als 20 ehrenamtlichen Gleichgesinnten die Ausgabe von Lebensmitteln der Tafel vor. Für die Einrichtung arbeiten fast nur Rentner, einige haben sich aufgrund des Alters zurückgezogen. „Und Corona ist auch nicht ganz unschuldig“, sagt die zweite Vorsitzende Sylvia Stühmer ob des Aderlasses. Das Wort Personalprobleme nimmt sie nicht in den Mund, immerhin umfasst der Helferpool mehr als 50 Personen. Allerdings ist mancher vermehrt im Einsatz. Das soll sich ändern. Um für Entlastung zu sorgen, benötigt der Verein weitere Kräfte.
Die Aufgaben bei der Tafel sind klar verteilt. So gibt es ein Fahrerteam. Mit einem Kleinbus werden zum Beispiel Supermärkte und Bäckereien in der Region angesteuert. Jede Woche transportieren die Mitarbeiter zwischen 1000 und 1200 Kilogramm Waren, holen Brote, Joghurts, Konserven und Gemüse bei 15 Adressen ab. Dieser Bereich ist gut bestückt. Die Männer treffen sich schon morgens um 8 Uhr, die Verteilung an Bedürftige im Keller des Gutshauses an der Möllner Landstraße ist dann einige Stunden später von 14 bis 15 Uhr – immer donnerstags. Wobei die Fahrer schon kurzzeitig am Mittwoch im Einsatz sind, um ihre Kisten von Händlern des Wochenmarktes befüllen zu lassen.
Bis zu 100 Kunden kommen donnerstags ins Gutshaus
„Speziell bei der Ausgabe und dem Aufbau wünschen wir uns weitere Unterstützung“, sagt Stühmer. Das Vorbereitungsteam sortiert und positioniert die Artikel. Pro Öffnungstag braucht sie 23 Kräfte. Die 62-Jährige ist Krankenschwester und hat einen Teilzeitjob. Sie ist von Beginn an dabei. Der Verein wurde im Dezember 2007 mit dem Namen „Der Glinder Tisch“ als Tochter der Bergedorfer Tafel gegründet. Nach der Trennung von den Hamburgern änderten die Glinder 2013 ihre Bezeichnung. Im April 2015 übernahm Nowatzki den Posten des ersten Vorsitzenden, vergangenes Jahr löste ihn Alfons Stanetzek ab. Nowatzki macht jetzt nur noch Urlaubsvertretung und versteht sich als klassischer Springer.
Beim Start der Tafel waren rund 40 Kunden dabei. Inzwischen sind es bis zu 100. „Dahinter stehen aber viel mehr Bedürftige. Es gibt bei uns Menschen, die Lebensmittel für eine große Familie abholen“, sagt Stühmer. Ein gesellschaftliches Problem in ganz Stormarn ist zum Beispiel die Kinderarmut. Sie stagniert zwar, liegt aber nach wie vor auf hohem Niveau. So lebten im Jahr 2020 zwischen 3891 und 4061 Jungen und Mädchen von Hartz-IV-Leistungen. Das sind die offiziellen Zahlen. Der Kinderschutzbund schätzt die Dunkelziffer armer Kinder im Kreis auf rund 8000. Glinde ist dabei im Kommunen-Vergleich seit Jahren auf den vorderen Plätzen.
Bei der Tafel im Gutshaus zahlen die Kunden jedes Mal einen Euro für das Abholen von Naturalien. Die Menge spielt dabei keine Rolle. Staatliche Zuschüsse erhält der Verein nicht. Laufende Kosten wie Benzin oder Büromaterialien werden durch Spenden und Mitgliedsbeiträge gedeckt.
Wegen der Corona-Situation mit hohen Infektionszahlen hat der Vorstand entschieden, dass die Einrichtung bis einschließlich 27. Januar geschlossen bleibt. Einen Tag später ist ein Treffen angesetzt, um das weitere Vorgehen zu beraten. Wer Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Tafel hat, kann sich jederzeit bei Sylvia Stühmer unter der Telefonnummer 040/711 28 44 melden oder eine E-Mail schreiben an s.stuehmer@glinder-tafel.de sowie an a.stanetzek@glinder-tafel.de.de.